Uber den Beitrag in der „Flensburger Rundschau“ Seite 7 unten, den Jochen Haut als Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Sport unterzeichnet hat, mußte ich mich doch sehr wundern.
Der Ausschußvorsitzende gesteht zwar zu, daß der Sport in den letzten Jahren sehr stiefmütterlich behandelt wurde, behauptet dann wahrheitswidrig, daß sich dieses in den letzten drei Jahren drastisch geändert hätte.
Offensichtlich ist der Ausschußvorsitzende nur im Rat, aber nicht im Sportverein aktiv, denn sonst müßte er wissen:
1. Seit mehr als drei Jahren liegt der Stadt Flensburg das „Bauvorhaben“ vor, daß in der Sportanlage des SV Adelby eine Behindertentoilette gebaut wird. Der SV Adelby hat eine aktive Behindertensportgruppe, die spielen Rollstuhlbasketball, können aber vor Ort nicht auf die Toilette gehen. Die Genehmigung des Bauvorhabens „Behindertentoilette“ wird immer wieder verzögert, ist bis heute nicht genehmigt.
Das ist skandalös, diskriminierend, behindertenfeindlich!
2. Seit Jahren müssen die Rehabilitationssportgruppen für Herzkranke in allen Schulferien „zwangspausieren“, da die Schulsporthallen in den Ferien nicht zur Verfügung stehen und einfach abgeschlossen sind. Da wird für teures Geld eine Sporthalle gebaut und die ganzjährige Nutzung der Sporthallen für den Rehabilitationssport scheitert an billigen Hausmeisterstunden für den Schließdienst, der auch an Ehrenamtler delegierbar wäre. Die Hallen sind doch nicht Eigentum der Schulen, sondern wurden mit Steuermitteln aller Bürger bezahlt, auch von den heutigen Senioren, die den Rehabiliationssport für ihre Gesundheit nutzen. Senioren sind nicht auf schleswig-holsteinische Schulferien angewiesen, (z.B. wenn die Enkel in Bayern zur Schule gehen). Also der Bedarf an Rehabilitationssport ist auch in den Schulferien vorhanden und durch die mehrwöchigen Zwangspausen müssen manche Teilnehmer quasi wieder „von vorne anfangen“.
In meinem Brief an den Ausschußvorsitzenden Jochen Haut heißt es:
„Sie sind Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Sport und somit verantwortlich!
Geben Sie bitte jetzt die Zusage, daß 1. die Behindertentoilette des SVA noch in diesem Jahr eingebaut ist und 2. die Sporthallen in den Schulferien grundsätzlich für den Vereinssport, Rehabilitationssport und anderen Veranstaltungen allen Flensburger Bürger ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung gestellt werden.
Ich betreue ehrenamtlich als Arzt Herzsportgruppen von PSV und SVA, müßte dieses die Stadt Flensburg bezahlen, wäre dies sehr viel teurer als eine zusätzliche Endreinigung der Sporthallen jeweils zu Schulferienende. Wenn das nicht drin ist, ist das eine Mißachtung des Ehrenamtes.
Ich habe mich im letzten Wahlkampf mit denselben Anliegen bereits an Simon Faber gewandt, der sich damals als Sportförderer unberechtigt gebrüstet hatte. Er hat mir nicht geantwortet und ist auch nicht wiedergewählt worden. Wollen Sie ihm in die kommunalpolitische Bedeutungslosigkeit folgen?
Ich beabsichtige, diesen Brief zum 1. Mai zu veröffentlichen – mit oder ohne Ihre Antwort.“
Es gab natürlich keine Antwort, Behindertensport und Rehabilitationssport sind ja aus Sicht eines Politikers auch nicht so wichtig. Daß der Ausschußvorsitzende diesen Brief von mir erhalten hatte, habe ich beim letzten Trainingsabend auch dem Trainer der Herzsportgruppe mitgeteilt, einschließlich meiner frechen Bemerkung über die „kommunalpolitische Bedeutungslosigkeit.“ Die spontane Reaktion des langjährigen Trainers lautete: „Kommunalpolitisch bedeutungslos ist der doch jetzt schon!“
Die Geringachtung von Behindertensport und Rehabilitationssport ergibt noch nicht einmal Sinn, wenn man als Motiv der unterstellen würde, daß die Stadtvertreter nur Politik für Kapitalisten machen. Das Vorgehen der Stadt Flensburg ist hier einfach nur dumm.
Dr. med. Ralf Cüppers
Herr Jochen Haut schrieb doch noch eine Antwort auf einen Brief, den ich den Lesern nicht vorenthalten möchte. Die Kunstrasenplätze und die Planung des Stadionumbaus stehen meiner Ansicht nach nicht in höherer Priorität als der Bau von einer Behindertentoilette für die Rollstuhlsportler.
Selbstverständlich bin ich dafür, daß auch Schulhausmeister Ferien machen dürfen. Die Schlüsselabgabe an Ehrenamtler halte ich für die geeignete Maßnahme, daß es beim Gesundheitssport nicht mehr zu Zwangspausen kommt.
Zur von Herrn Haut angesprochenen Terminierung meines Briefes an ihn: der war vom 24. April d.J. Weshalb er einen Poststempel vom 29.4. trug und erst am 2. Mai zugestellt wurde, weiß wohl nur die PostAG. Daß es seit der Privatisierung weder eine zuverlässige Leerung der Briefkästen noch eine tägliche Zustellung mehr gibt, wäre Thema einer neuen Diskussion. Zur Erinnerung: als es noch eine staatseigene Deutsche Bundespost mit zuverlässigen Postbeamten gab, wurde ein Brief im Stadtgebiet sicher am Folgetag zugestellt, und wenn man ihn bis morgens um 6.00 Uhr in der Bahnhofstraße einwarf, dann sogar noch am selben Vormittag.
Aber nun Jochen Haut s Antwort:
Sehr geehrter Herr Cüppers,
schönen Dank für Ihren Brief, der mich in Teilen aber sehr verwundert. Selbstverständlich bin ich nicht nur im Rat tätig, sondern kümmere mich auch um die Vereine. So nehme ich beispielsweise an den Jahreshauptversammlungen der Vereine sehr gern teil, vorausgesetzt, es liegt eine Einladung vor. So bin ich auch beim SV Adelby gewesen. Jedoch habe ich hier in den letzten Jahren im Gegensatz zu den meisten anderen Vereinen keine Einladung mehr erhalten. Daneben bin ich sehr häufig mit dem Sportverband Flensburg in Kontakt, sei es bei den Hauptversammlungen oder in vielen Arbeitsgruppen. Gerade durch diese Kontakte, insbesondere nach der einstimmigen Verabschiedung der Sportentwicklungsplanung in der Ratsversammlung habe ich sehr viele positive Rückmeldungen aus den Vereinen bekommen. Seit dieser Zeit sind übrigens viele Projekte angepackt worden, die vorher nicht möglich waren. Dazu gehört u.a. der Bau von Kunstrasenplätzen und die Planung des Stadionumbaus. Daneben befindet sich eine Arbeitsgruppe momentan bei der Neufassung der Sportförderrichtlinien, die in Kürze zur Abstimmung stehen. Somit ist im Bereich des Sports sehr viel geschehen – und das bei der eingeschränkten Haushaltslage der Stadt. Weitere Projekte sind für die nächsten Jahre fest eingeplant und zum Teil auch schon terminiert. Jedoch kann es sein, dass einige Projekte dadurch warten müssen. Deshalb kann und werde ich Ihnen keine feste Zusage für einen Ausbau der Toiletten des SV Adelby geben.
Zum zweiten Problem mit den Schließzeiten der Turnhallen muss ich anmerken, dass es nicht nur um die Kosten für die Hausmeister geht, die übrigens auch einen Anspruch auf Urlaub und Freizeit haben, sondern auch um Zeiten für die Renovierung und Reinigung. Eine Schlüsselabgabe an Ehrenamtler hat es mal gegeben, jedoch führte diese Praxis zu großen Problem, da einige von diesen Personen sich nicht an Absprachen gehalten haben. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dieses noch einmal im Kreis der Politik und Verwaltung zu überdenken.
Eine Übertragung der Verantwortung für alle diese Probleme auf den Vorsitzenden des Ausschusses für Bildung und Sporthalte ich für äußerst merkwürdig und lehne diese ab.
Eine Veröffentlichung Ihres Schreibens ist selbstverständlich ihre Sache. Jedoch vermisse ich bei der Terminierung 1. Mai ein Datum in Ihrem Schreiben, an dem sie das Schreiben verfasst haben. Daneben ist diese Frist extrem kurz. Im Übrigen zeigt der Poststempel das Datum 29. April. Erhalten habe ich das Schreiben gestern am späten Nachmittag, also am zweiten Mai um 16:30 Uhr. Somit hatte ich keine Möglichkeit, Ihnen termingerecht zu antworten.
Trotz allem hoffe ich, dass Sie Ihre ehrenamtliche Arbeit weiter fortsetzen, was wir als „Feierabendpolitiker“ neben unserer beruflichen Tätigkeit ebenfalls machen werden. Unsere Aufgabe ist es dann, die Geschicke der Stadt Flensburg so zu lenken, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen gut vertreten wissen. Und hierzu gibt es neben dem Sport sehr viele andere Bereiche, die kostenintensiv sind und auch bedacht werden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Haut