Vor 78 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz vom russischen Militär befreit.

Ludwig Hecker, VVN-BdA, sprach vor 50 Zuhörer*innen zum Strafbataillon 999 und Ferdinand Janns

Wie jedes Jahr fand eine Gedenkfeier gegen das Vergessen der Verbrechen des Naziregimes statt.

Zum Gedenken an Ferdinand Janns, Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands und Widerstandskämpfer gegen das Naziregime wurde auf dem Gehsteig vor dem Haus Süderstraße 13 in Harrislee ein Stolperstein verlegt. Es war der letzte Wohnort von Ferdinand Janns. Der wurde verfolgt, verhaftet und ins Strafbataillon 999 einberufen und kam nie wieder zurück.

(siehe auch Beitrag vom 17.1.2023 weiter unten auf dieser Seite)

Der Stolperstein und das Bild von Ferdinand Janns wurden mit Blumen geschmückt

Ludwig Hecker von der Vereinigung der Verfolgten den Naziregimes/Bund der Antifaschisten wies darauf hin, dass noch nicht erforscht ist, wie viele Menschen aus Flensburg und Umgebung als Widerstandskämpfer gegen das Naziregime ins Strafbataillon 999 einberufen und dort ihr Leben verloren haben. Da bestehe noch viel Recherchebedarf.

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Nach dem Motto: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist!“ will Gunter Demnig die Erinnerung an das Schicksal von Menschen wach halten, die von den Nazis ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurden. Er will den verfolgten und ermordeten jüdischen Menschen, den Sinti und Roma, den Zeugen Jehovas, den Homosexuellen und Euthanasieopfern sowie den politisch Verfolgten, die in den Konzentrationslagern zu Nummern degradiert wurden, ihren Namen und ihre Identität wiedergeben und darüber hinaus darauf hinweisen, dass deren Verfolgung und Deportation mitten in der Gesellschaft stattfand.

Bei den Stolpersteinen handelt es sich um Betonsteine mit einer Seitenlänge von 10 cm, auf deren Oberseite eine Messingplatte angebracht ist. Auf der Messingplatte sind der Name, der Geburtsjahr-gang, auf den Einzelfall bezogene Texte, das Deportationsjahr sowie der Todesort eingraviert. Die Steine werden in der Regel vor dem letzten frei gewählten Wohnhaus von NS-Opfern in das Pflaster des Bürgersteigs eingelassen.

Bis Ende Januar 2022 wurden über 90.000 Stolpersteine in Deutschland, wie auch in 26 weiteren europäischen Ländern, verlegt. Sie gelten inzwischen als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

Widerstand in Flensburg und an der Grenze

Widerstand gegen den Nationalsozialismus bedeutete in der Grenzstadt Flensburg – ebenso in Harrislee und Harrisleefeld für einen großen Teil der Widerstandskämpferinnen und -kämpfer nicht nur, den Kontakt zueinander zu halten, Flugblätter und anderes illegal gedrucktes Material untereinander weiterzugeben und/oder an andere zu verteilen und verbotene Radiosender abzuhören, sondern vor allem auch Verfolgten zu Wasser, z.B. über die Ochseninseln, und zu Lande die Flucht ins sichere Ausland zu ermöglichen. Dies ging bis Oktober 1938 häufig vonstatten mit dem sogenannten „Groschenpaß“, der drei Tage gültig war und für den man kein Paßbild benötigte.

Auch Fluchthelferinnen und -helfer aus Flensburg und Umgebung konnten sich bei Bekanntwerden ihrer Widerstandsarbeit auf diesen Fluchtwegen dem Zugriff der Nazis entziehen. Bruderorganisationen in Dänemark wie auch dort frühzeitig vielfach von Emigrantinnen und Emigranten gegründete Gruppen, Komitees usw. suchten die Widerstandsarbeit im Reich zu unterstützen, wie z.B. das von dem Sozialdemokraten Richard Hansen aufgebaute „Grenzsekretariat Nord“ und die seitens der KPD Ende 1935 aufgebaute „Abschnittsleitung“ Nord in Kopenhagen.

Sie stellten die Antifaschistinnen und Antifaschisten in Flensburg vor die Aufgabe, das Einschleusen von in Dänemark hergestellten Materialien, das Hinausbringen von Informationen bzw. Treffen und Konferenzen in Dänemark durch Ein- und Ausschleusen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu ermöglichen.

So gelangten z. B. Berichte von SPD-Mitgliedern über Flensburg nach Kopenhagen und von dort weiter nach Prag zur Exil-SPD, wo sie in die „Deutschland- Berichte“ der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Exil (Sopade) Aufnahme fanden. Der „Neue Vorwärts“, der seit Juni 1933 in Karlsbad, Tschechoslowakei, gedruckt wurde und über Prag und Polen z. B. nach Sonderburg gelangte, wurde von dort per Schiff oder in Torfwagen versteckt durch das Jardelunder Moor ins Deutsche Reich transportiert. Fluchthilfe und Materialtransport und -verteilung leisteten Mitglieder der SPD, KPD, SAP und der Freien Gewerkschaften.

Angehörige der dänischen Minderheit in Flensburg organisierten und transportierten darüber hinaus Medikamente und Lebensmittel für dänische Häftlinge im KZ Neuengamme, sowie Waffen und Sprengstoff.

Verlegestelle: 24955 Harrislee, Süderstraße 23, Stolperstein für Ferdinand Janns

Ferdinand Nikolai Janns,

geboren am 2.3.1902 in Flensburg, Harrisleefeld, Süderstraße 23. Berufliche Tätigkeit: Arbeiter

Ferdinand Janns gehörte bis 1933 der KPD in Flensburg an. Weil er hier weiterhin für die KPD tätig war und sich an der Verbreitung illegaler Druckschriften aus dem Ausland beteiligt hatte, wurde er am 7. April 1934 zusammen mit anderen in Untersuchungshaft genommen und kam in das Gerichtsgefängnis in Flensburg. Am 19. Mai 1934 wurde er angeklagt, in Flensburg und Umgebung in den Jahren 1933/34 „das hochverräterische Unternehmen, die Verfassung des Deutschen Reiches gewaltsam zu ändern, vorbereitet und durch dieselbe Handlung es übernommen zu haben, den organisatorischen Zusammenhalt einer anderen Partei als der NSDAP aufrechtzuerhalten“. So lautete die Anklage.

Im Prozeß verurteilte ihn das Kammergericht in Berlin im August 1934 zu 18 Monaten Gefängnis, die er in Neumünster verbüßte. 1943 wurde er zum Strafbataillohn 999 eingezogen und zuletzt in Jugoslawien eingesetzt. Er galt seit Februar 1945 als vermißt. Das Amtsgericht Flensburg hat Ferdinand Janns zum 31. Dezember 1945 für tot erklärt.

Mahnmal Harrislee Bahnhof

Anschließend luden der Bürgervorsteher, der Bürgermeister von Harrislee und die Arbeitsgruppe Harrislee Bahnhof zum Gedenken am Mahnmal Harrislee Bahnhof ein.

Frau Anke Spoorendonk wies in ihrem Redebeitrag darauf hin, dass das Mahnmal vor 25 Jahren errichtet worden ist. Die Bahnplanken symbolisieren den Weg in die Hölle der Konzentrationslager. 1600 Menschen wurden im Bahnhof Harrislee in primitivsten Viehwaggons verladen und in Konzentrationslager verbracht. Es waren jüdische Menschen, Roma und Sinti, Homosexuelle, Widerstandskämpfer gegen das menschenverachtende System.

Schülerinnen beim Vortrag von Poetry Slam

Sie wies darauf hin, dass seit 25 Jahren mehrere Generationen von Schüler*innen der Duborg-Skole und der Harrisleer Zentralschule, anfangs auch der Auguste-Viktoria-Schule mit ihren musikalischen. literarischen Beiträgen die Erinnerungskultur an die Verbrechen kreativ und engagiert aufrecht erhalten. Das sei keine Selbstverständlichkeit, denn als Schüler*innen vor 25 Jahren das Denkmal mit eingeweiht hatten, seien die Schüler*innen, die jetzt ihren Beitrag gegen das Vergessen leisten, noch gar nicht geboren worden.

Es war eine würdige und anrührende Gedenkfeier, zu der besonders die Schüler*innen ihren Beitrag geleistet hatten.

Schülerinnen sangen „Nein, meine Söhne geb ich nicht“, Liedtext von Reinhard Mey

Danke dafür!

Nein, meine Söhne geb ich nicht , Songtext von Reinhard Mey,

in Harrislee gesungen von Schülerinnen

26. Januar Tag des Gedenkens der Nazi-Gewaltherrschaft

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, die Gemeinde Harrislee und die Arbeitsgruppe Harrislee Bahnhof laden anläßlich des Gedenktages zu folgenden Veranstaltungen ein: Einladung zur Verlegung eines Stolpersteins für

Ferdinand Janns

am Donnerstag, 26. Januar 2023 um 10.00 Uhr in der Süderstraße 23 in Harrislee

Zu den Todesopfern der Nazi-Gewaltherrschaft gehörte auch Ferdinand Janns, ein junger Mann aus Harrisleefeld, der Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) war. Er wurde 1934 verhaftet, weil er Flugblätter gegen das faschistische Gewaltregime illegal aus Dänemark geschmuggelt hatte. Er wurde wegen des Vorbereites zum Hochverrat angeklagt und verurteilt.

Ferdianad Janns

ln der Anklageschrift heiBt es u. a., dass er in den Jahren 1933 bis 1934 „das hochverräterische Unternehmen, die Verfassung des Deutschen Reiches gewaltsam zu ändern, vorbereitet durch die selbe Handlung es unternommen habe, den organisatorischen Zusammenhalt einer anderen Partei als der NSDAP aufrechtzuerhalten …“

Während seiner Haftstrafe, die er zum Teil im Gefängnis Neurnünster verbüßte, wurde er 1943 in das als Todesbataillon berüchtigte Strafbataillon 999 zwangsverpflichtet und kehrte niemals zurück.

Um an das Unrecht an Ferdinand Janns zu erinnern, laden die Gemeinde Harrislee,die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/ Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) und die AG „Harrislee-Bahnhof‘ alle interessierten Bürgerinnen und Bürger zur Verlegung eines Stolpersteins auf dem Gehweg vor dem Haus Süderstraße 23 im Rahmen einer Feierstunde ein. Es war der Wohnort von Ferdinand Janns bis zu seiner Verhaftung.

Einladung zum Gedenken am 26. Januar um 11.30 Uhr am Mahnmal Grenzübergang Harrislee/Padborg

Programm:

Begrüßung durch die Gemeinde Harrislee

Ansprache der Arbeitsgruppe Harrislee-Bahnhof

Beiträge von Schülerinnen und Schülern der Duborg-Skolen und der Zentralschule Harrislee Kranzniederlegung am Mahnmal

Ausstellung mit Werken von Knut Andresen zu Gedichten von Nelly Sachs.

Bleib standhaft für den Frieden – Knut Andresen protestierte vor dem Drohnen- und Tornadostandort Jagel

Finissage

Angelika Zöllner-Daniel (rechts im Bild) las die Briefe von Nelly Sachs

Von 1954 bis 1969, fast sechzehn Jahre lang, haben Nelly Sachs, die Literaturnobelpreisträgerin von 1966, und Paul Celan, beide Opfer nationalsozialistischer Judenverfolgung, miteinander Briefe gewechselt. Ihr Briefwechsel ist ein einzigartiges Dokument zweier Seelenverwandter, die die Shoa überlebt hatten. Nelly Sachs hatte schon die Aufforderung erhalten, sich zum Transport nach Auschwitz zu melden, als sie endlich ihr Visum für Schweden erhielt und mit einer der letzten Passagiermaschinen von Deutschland dorthin fliehen zu können.

Diese Briefe von Nelly Sachs und Paul Celan standen im Mittelpunkt der Finissage der Ausstellung mit Werken unseres Genossen Knut Andresen, der leider viel zu früh verstorben ist und somit an der von ihm selbst konzipierten Ausstellung nicht mehr teilnehmen konnte. Knut hatte zu Gedichten von Nelly Sachs Bilder gemalt, die in der Ausstellung in der ehemaligen Synagoge der Stadt Friedrichshafen gezeigt wurden. Die Gedichte aus dem Abschnitt „Und niemand weiss weiter“ sind im Band „In den Wohnungen des Todes“ veröffentlicht. Der Gedichtband In den Wohnungen des Todeswurde 1947 veröffentlicht, Der Briefwechsel ist bei Suhrkamp erschienen und noch antiquarisch erhältlich.

Die Veranstaltung in der ehemaligen Synagoge der Stadt Friedrichshafen setzte ein deutliches Zeichen gegen den Antisemitismus, der in Deutschland immer noch gegenwärtig ist.

Wir hoffen, daß die Bilder von Knut Andresen noch in weiteren Ausstellungen gezeigt werden können.

Hier eine kleine Auswahl:

Auswanderer Schritte – Pulsreise Schritte

Erde Planetengreise

Als der Blitz das Gebäude des Glaubens entzündete

Bereit sind alle Länder aufzustehen

Sind Gräber Atempause für die Sehnsucht

Erwachen Vogelstimmen

Hier unten aufgestellt

Ehrung der Opfer des Faschismus, der Kriegsgegner, Kriegsdienstverweigerer und Deserteure

Anlässlich des Volkstrauertages 13. November laden wir hiermit dazu ein, Blumen und Gebinde am Denkmal für die Opfer des Faschismus und am Deserteursdenkmal abzulegen.

Treffpunkt ist am Sonntag, 13. November um 11.00 Uhr

vor dem Denkmal für die Opfer des Faschismus

beim ZOB/Norderhofenden, gegenüber der Polizeidirektion.

Wir gehen dann durch die Innenstadt zum Deserteursdenkmal am Platz der Gärtner und legen auch dort gegen 12.00 Uhr Blumen und Blumengebinde ab.

Wir freuen uns über Euer/Ihr Kommen.

Mit herzlichen, pazifistischen und antifaschistischen Grüßen

Anne und Ludwig Hecker VVN-BdA

Siglinde und Ralf Cüppers DFG-VK

zum 8. Mai – Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus – Gedenkveranstaltung in Gudendorf

Unter der Sowjetfahne kämpften Russen und Ukrainer gemeinsam gegen den Faschismus

Die diesjährige Gedenkveranstaltung anläßlich des 8. Mai der Initiative Blumen für Gudendorf (https://blumen-für-gudendorf.de) fand am Samstag, 7. Mai 2022, an der Gedenkstätte Gudendorf statt. 

Das Modell des Kriegsgefangenenlagers wird feierlich enthüllt
Modell des Kriegsgerfangenlagersnach Enthüllung

Bei dieser Gedenkveranstaltung wurde die Lagerdarstellung des Gudendorfer Kriegsgefangenenlagers, das Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Meldorf gemeinsam mit dem Meldorfer Künstler Frank Speth in den vergangenen Monaten realiisiert haben, präsentiert. Sowjetische Kriegsgefangene, Russen, Ukrainer, Weißrussen, mindestens zehn Nationalitäten, die infolge völlig unzureichender Ernährung, menschenunwürdiger Behandlung, rücksichtsloser körperlicher Ausbeutung im Arbeitseinsatz und durch gezielte Ermordung den Tod gefunden haben waren in diesem Lager und sind hier beerdigt. Gudendorf ist eins der vielen Massengräber in Deutschland. Die gegenwärtige Geschichtsschreibung geht davon aus, dass während des Zweiten Weltkrieges 5,4 Millionen Angehörige der Roten Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, von denen wenigstens drei Millionen Menschen qualvoll zu Tode kamen.

Musikprogramm mit Antikriegsliedern von Hannes Wader, John Lennon und Reinhard Mey

Der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus ist ein Feiertag, aber auch eine Mahnung gegen Faschismus und Krieg heute. Die Initiative Blumen für Gudendorf erklärt:

„Am 24. Februar 2022 hat die russische Armee die Ukraine angegriffen. Inzwischen hat sich die militärische Invasion massiv ausgeweitet, die Angriffe richten sich zunehmend auch gegen zivile Ziele in den Städten. Die Initiative Blumen für Gudendorf verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine. Unser Mitgefühl gilt vor allem den betroffenen Menschen in der Ukraine. Wir trauern um die Toten, wir trauern mit den Flüchtenden, wir trauern um die toten Soldaten auf beiden Seiten. Wir solidarisieren uns mit allen, die in Russland und auf der ganzen Welt ihre Stimme gegen diesen Krieg erheben. Wir fordern die sofortige Beendigung aller Kampfhandlungen.

Es betrübt uns zutiefst, dass in diesem von Russland zu verantwortendem Krieg die Nachfahren von Menschen gegeneinander kämpfen, die 77 Jahre zuvor gemeinsam in einer großen Anti-Hitler-Koalition gegen den deutschen Nationalsozialismus gekämpft und ihn besiegt haben. Im Kriegsgefangenenlager Gudendorf waren in Folge des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion Soldaten der Roten Armee gefangen – aus Russland, Belarus, der Ukraine und vielen anderen Teilrepubliken der Sowjetunion. Viele von ihnen sind im Lager Gudendorf und den Arbeitskommandos an Unterernährung, Krankheiten, Mangelversorgung und direkter Gewalt gestorben. Sie alle ruhen gemeinsam in Massengräbern auf dem Lagerfriedhof in Gudendorf. Jedes Jahr zum 8. Mai, dem Jahrestag des Kriegsendes, gedenken wir ihrer, ungeachtet der nationalen Zugehörigkeit.

Unser Bemühen und unsere Arbeit sind von der Idee geleitet, dass nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges nur gelten kann: Nie wieder Krieg. Deshalb haben wir uns stets eingesetzt, auf eine Verbesserung des nicht immer ungetrübten Verhältnisses zur Russischen Föderation hinzuwirken. Wir fühlten und fühlen uns den in Gudendorf beerdigten toten Soldaten verpflichtet, sie ließen ihr meist junges Leben, weil sie den deutschen Faschismus bekämpften. Wir stehen nun bestürzt vor den Trümmern unserer Bemühungen.

Wir appellieren, die Trauer und das Entsetzen über den Krieg gegen die Ukraine nicht auf die gesamte russische Bevölkerung oder die in Deutschland lebenden Russen zu übertragen. Unsere Solidarität gilt den Menschen, die auch unter schweren Bedingungen in Russland gegen den Krieg protestieren. Wir verstehen uns auch als Antikriegsbewegung und fordern mit Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!“

Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung legten am Ehrenmal, am Gedenkstein und auf den Gräbern viele Blumen nieder.

2. Mai vor 8 Jahren: faschistischer Mord an Gewerkschaftern in Odessa

die kyrillischen Buchstaben Dom Smerti bedeuten „Haus des Todes“, der Pfeil zeigt auf das Gewerkschaftshaus in Odessa, Foto von Unai Aranzadi aus „Junge Welt“

Vor 8 Jahren forderte der grauenvolle faschistische und von der ukrainischen Regierung und Justiz gedeckte (oder gar befeuerte?) Überfall auf Antifaschisten und Gewerkschafter in Odessa den Tod von mindestens 46 Menschen. Das war leider kein Thema am 1. Mai in Flensburg. Soldarität mit den ukrainischen Gewerkschaftern wurde hier nicht bekundet. Die Tageszeitung Junge Welt hat darüber aber ausführlich berichtet. „Massaker in der Ukraine. Erinnerung an Odessa. Vor acht Jahren starben 46 Menschen durch rechten Hass und fehlendes Einschreiten der Polizei. Aufklärung hat nicht stattgefunden“

Link: https://www.jungewelt.de/artikel/425624.massaker-in-der-ukraine-erinnerung-an-odessa.html

Positive Bilanz der Ostermärsche 2022

Ostermarsch am Karfreitag nach Jagel

Das Netzwerk Friedenskooperative zieht eine positive Bilanz der Ostermärsche 2022. In über 120 Städten fanden über Ostern Aktionen für Frieden und Abrüstung statt. Zentrale Forderungen bei den Ostermärschen waren ein Waffenstillstand und Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine und die Ablehnung gegenüber den Aufrüstungsplänen der Bundesregierung.

Ostermarsch am Sonnabend in Flensburg „Frieden und Freiheit“ in ukrainischer Sprache, dahinter auf dem Herzen in ukrainischen und russischen Farben und Sprache „Worte statt Blut“

Insgesamt stieg die Zahl der Teilnehmenden 2022 im Vergleich zu den Vorjahren moderat an. Auch in diesem Jahr kamen weitere Städte mit Ostermärschen hinzu, wie etwa in Weimar, Nordenham und Neuruppin.

Hier gab es die Ostermärsche von Schleswig nach Jagel und in Flensburg. Diesmal waren im Gegensatz zu den vorherigen Ostermärschen keine DKP-Fahnen dabei. Es sollte vermieden werden, daß die Ostermärsche zur Selbstdarstellung von Parteien im Landtagswahlkampf benutzt werden, deshalb wurde vorab vereinbart: Keine Fahnen und Transparente von Parteien. Daran haben wir uns gehalten. Aber wir Kommunisten waren selbstverständlich dabei.

Ostermarsch am Karfreitag nach Jagel

Karfreitag in Jagel waren über 100 Teilnehmer, die Beteiligung war etwa so stark wir „vor Corona“. Die inhaltlichen Beiträgen sind auf https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2022/reden nachzulesen. Dazu Musikbeiträge und Gesang, „Sag mir, wo die Blumen sind … “ und nach der Melodie von Hawa Nagila: „Frieden, wir wollen Frieden, wir wollen Frieden, wir wollen kein Militär.“

Bläser Jan und Schorsch in Jagel
Interkulturelles Musikprojekt in Schleswig

Der Flensburger Ostermarsch wurde NICHT abgesagt, er konnte stattfinden.

Angeführt wurde der Flensburger Ostermarsch ab dem Nordertorplatz von der Vereinigten der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten mit ihrem Transparent: „Für eine Welt ohne Faschismus und Krieg“

Auf dem Weg zum Denkmal für die Opfer faschistischer Gewaltherrschaft wurden von Ralf Strobach von der Klimagruppe Flensburg Friedenslieder gesungen.

Am Denkmal für die Opfer faschistischer Gewaltherrschaft wurde eine Schweigeminute für die Opfer des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, aber auch der Opfer der Kriege im Jemen, in Mali, Afghanistan und Syrien gedacht.

Ludwig Hecker von der VVN-BDA erklärte die Bedeutung des Denkmals . In seinem Redebeitrag erinnerte er an alle Opfergruppen der faschistischen Gewaltherrschaft, die von den Nazis verfolgt und getötet wurden. Er erinnerte auch an die von der Wehrmacht und der Waffen-SS ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen.

Ekkehartd Krüger am Deserteursdenkmal in Schleswig

Zum Abschluß des Ostermarsches sprach Ekkehard Krüger am Deserteursdenkmal über die Entstehungsgeschichte dieses Flensburger Deserteurdenkmals und die politische Auseinandersetzung um die Aufstellung.

Asyl für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer – Ostermarsch am Karfreitag in Schleswig

Ralf Cüppers von der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen wies in seinem Beitrag auf die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus der Ukraine und Russlands hin und dass sie unsere Unterstützung benötigen, ebenso wie die Reservisten der Bundeswehr, die jetzt verweigern. Er verwies auf die italienischen und griechischen Gewerkschafter, die gestreikt und damit verhindert hatten, dass über die Häfen von Genua, Livorno und Thessaloniki Waffenlieferungen in den Ukraine-Krieg verschifft werden. Dies wird von den Medien verschwiegen, aber das sollte Schule machen, wenn es darum geht, deutsche Panzer Leopard 1 fit zu machen für den Export in den Ukraine-Krieg.

Zur Verabschiedung von den Teilnehmer*innen des Ostermarsches sang Ralf Strobach mit klangvoller Stimme einen Choral für den Frieden.

Dieser Ostermarsch wird nicht für sich alleine stehen. Es wird weitere Mahnwachen und Demonstrationen geben. Die nächste, das wurde gerade am Rande des Flensburger Ostermarsches besprochen, wird für den nächsten Freitag, 22.4.2022 ab 11.00 Uhr vor FFG-Rheinmetall-Defence, Schiffbrücke gegenüber vom Volksbad angemeldet.

Drei weitere Stolpersteine in Flensburg verlegt

Einweihung der Stolpersteine: Mitte: Ludwig Hecker (VVN-BdA) und Hannes Fuhrig (Stedtpräsident)

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Nach dem Motto: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist!“ will Gunter Demnig die Erinnerung an das Schicksal von Menschen wach halten, die von den Nazis ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurden. Er will den verfolgten und ermordeten jüdischen Menschen, den Sinti und Roma, den Zeugen Jehovas, den Homosexuellen und Euthanasieopfern sowie den politisch Verfolgten, die in den Konzentrationslagern zu Nummern degradiert wurden, ihren Namen und ihre Identität wiedergeben und darüber hinaus darauf hinweisen, dass deren Verfolgung und Deportation mitten in der Gesellschaft stattfand.

Bei den Stolpersteinen handelt es sich um Betonsteine mit einer Seitenlänge von 10 cm, auf deren Oberseite eine Messingplatte angebracht ist. Auf der Messingplatte sind der Name, der Geburtsjahrgang, auf den Einzelfall bezogene Texte, das Deportationsjahr sowie der Todesort eingraviert. Die Steine werden in der Regel vor dem letzten frei gewählten Wohnhaus von NS-Opfern in das Pflaster des Bürgersteigs eingelassen.

Bis Ende 2019 wurden über 75.000 Stolpersteine in Deutschland, wie auch in 26 weiteren europäischen Ländern verlegt. Sie gelten inzwischen als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Ein neuer Stolerstein befindet sich nun vor dem Haus Neue Straße 3

Wilhelm Heinrich Peter Ringgaard, geboren am 8. März.1903 in Flensburg, wohnhaft hier in Flensburg, Neue Straße 3, Berufliche Tätigkeit: Arbeiter und Steward

Als Jugendlicher gehörte Wilhelm Ringaard der USPD an. Im Jahre 1930 trat er in Flensburg dem Arbeiterschachklub bei. Dessen Mitglieder waren teils Sozialdemokraten, teils Kommunisten, die ihn in die kommunistische Gedankenwelt einführten. Er wurde zunächst Arbeiterkorresspondent und später, nachdem er im Januar 1932 in die KPD eingetreten war, Berichterstatter für die kommunistische „Norddeutsche Zeitung“. Im April 1932 wurde er Betriebsobmann im Unterbezirk Flensburg und später Orgleiter. Im Herbst 1932 machten sich Zersetzungserscheinungen im Unterbezirk bemerkbar und Ringaard wurde am 6. Januar 1933, obwohl er seine Unschuld beteuerte, als angeblicher Polizeispitzel aus der Partei ausgeschlossen. Später wurde er jedoch rehahabilitiert.

In Flensburg hat nach der Machtergreifung durch die NSDAP die KPD illegal fortbestanden. Ringgaard war beteiligt daran, nach dem Umbruch die KPD neu zusammenzufassen, die Verbindung mit der illegalen deutschen KPD in Dänemark aufzunehmen und die Lieferung von illegalen Schriftenmaterial über die Grenze nach Deutschland einzuführen.

Nach seiner Festnahme Ende 1935 und Untersuchungshaft im Gerichtsgefängnis Kiel wurde Ringard vom Berliner Kammergericht beim Prozeß in Kiel am 29. September 1936 wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Nach Verbüßung seiner Haft wurde Ringgaard dem Bewährungsbataillon 999 überstellt und in Kroatien eingesetzt. Er hat nicht überlebt. Am 11. Januar 1945 Tot in Vlasenice.

Ehrung der Deserteure und der Opfer des Faschismus

anlässlich des Volkstrauertages 14. November 2021 laden wir hiermit dazu ein, Blumen und Gebinde am Denkmal für die Opfer des Faschismus und am Deserteursdenkmal abzulegen.

Treffpunkt ist am Sonntag, 14. November 2021 um 11.00 Uhr

vor dem Denkmal für die Opfer des Faschismus am ZOB – Norderhofenden gegenüber der Polizeidirektion.

Wir gehen dann durch die Innenstadt zum Deserteursdenkmal am Platz der Gärtner und legen auch dort gegen 12.00 Uhr Blumen und Blumengebinde ab.

Wir freuen uns über Euer/Ihr Kommen.

Können wir am 3. Oktober feiern? Zum Geburtstag von Carl von Ossietzky

Am dritten Oktober 1989 gab es den Anschluß der DDR an die Bundesrepublik und damit wieder ein großes Deutschland. 10 Jahre später war Deutschland wieder im Krieg, durch eine „Rot-Grün“ Bundesregierung durchgesetzt, und dieser Krieg der Bundeswehr dauert nun schon länger als 20 Jahre. In den letzten Jahren seit 1999 war Deutschland keinen einzigen Tag ohne Krieg. Der Exportweltmeister Deutschland exportiert den Krieg in fremde Länder.

Es gibt also nichts zu feiern am 3. Oktober?

Carl von Ossietky 1915

Doch: Am 3. Oktober 1889, also vor 132 Jahren wurde ein Mann geboren, der wie kaum ein anderer den Militarismus und Nationalismus bekämpft hatte: Carl von Ossietzky, Journalist, Aktivist der Deutschen Friedensgesellschaft und Friedensnobelpreisträger. Ihm wurde der Preis zuerkannt, als er von den Hitlerfaschisten im Konzentrationslager eingesperrt war.

Carl von Ossietzky stellte fest:

„Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich zur Stillung seiner Geldgier auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte. Die beutegierige Canaille hat von eh und je auf Krieg spekuliert.“

Eine „grauenhafte Schlächterei“, die „Europa entehrt“, nannte Papst Benedikt XV. den Weltkrieg bereits 1915. Die Erklärung des Papstes wurde von den deutschen Bischöfen allerdings nur in einer verfälschten Übersetzung veröffentlicht. In ihrer Friedensnummer vom 4. August 1931 brachte die Weltbühne eine neue Übersetzung dieser leidenschaftlichen Verdammung des Krieges. Wenige Seiten später stand eine Glosse: „Der bewachte Kriegsschauplatz“ von Ignaz Wrobel (Pseudonym von Kurt Tucholsky), durch die sich die Reichswehr verunglimpft und beleidigt sah. Tucholsky beschäftigte sich darin mit der Feldpolizei, die den Kriegsschauplatz abgesperrt und darüber gewacht hätte, daß „vorn richtig gestorben wurde“. Die Menschen seien „auch mit den Maschinengewehren in die Maschinengewehre“ gejagt worden, Deserteure sind niedergeschossen worden. „Sie mordeten also, weil einer sich weigerte, weiterhin zu morden. … Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während er eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. Soldaten sind Mörder.“ Reichswehrminister Groener stellte Strafantrag gegen den verantwortlichen Redakteur Carl von Ossietzky, der wurde jedoch für die Aussage „Soldaten sind Mörder“ freigesprochen.

Carl von Ossietzky 1934

Aber Carl von Ossietzky argumentierte auch „Zur Reichsgründungsfeier“.

Er hatte 1931, als er diesen Text schrieb, kaum wissen können, daß das wiedervereinigte Deutschland die Reichsgründungsfeier genau auf seinen Geburtstag legen wird.

Lesen wir Auszüge seines Textes von 1931 jetzt 90 Jahre später zum 3. Oktober 2021:

Zur Reichsgründungsfeier

Wir haben wieder einen Nationalfeiertag bekommen, von dem die Republik nichts weiß. Die Verfassungsfeiern wickeln sich Jahr für Jahr in dürrer Schematik ab, der 9. November ist für die Patrioten ein Tag der Schande. Jetzt haben die Offiziellen endlich etwas gefunden, das ihre Hemdbrüste wogen läßt. …

Zurückgeblieben ist ein ins Elend geworfenes Volk, …  das nicht mehr weiß, was es will, und dem nur ziemlich klar ist, daß es mit der demokratischen Republik nichts anfangen kann. Stünde die Vernunft höher im Preis, so müßte man wenigstens zugeben, daß die Republik von Weimar, so unzulänglich ihre Praxis auch gewesen sein mag, doch einen Willen zur Form aufweist, …  Statt der politischen Freiheit, für die der Bürger vorher auf die Barrikade gegangen war, bekam er die geschäftliche Prosperität. Vielleicht ist das der Grund, weshalb der Bürger heute so inbrünstig die Reichsgründung feiert. Denn das war sein Reich; wenn ihm auch der Staat eine Kröte nach der andern zu schlucken gab, so verdiente er doch sein gutes Geld dabei, so regierte er zwar nicht im Lande, wohl aber im Geschäft, in der Fabrik, in der Familie. …

Heute ist das Bürgertum wirtschaftlich ruiniert. Der selbstbewußte Besitzer von einst wankt verzweifelnd zwischen leerem Tresor und Gashahn. Das Geschäft ist überschuldet, und da, wo er zu herrschen gewohnt war, in der Familie, ist er Quantité négligeable. …

Warum aber die junge Generation diesen Kult der Vergangenheit mitmachen, das mag der Teufel wissen. … Den patriotischen Verehrern der Kasernenpflicht sei es gesagt: – wenn heute Zwanzigjährige wie früher alten Drillunteroffizieren ausgeliefert werden sollten, sie würden am ersten Tage alles in Klump schlagen. …

Aus alten Legenden und neuem Unsinn bereitete sich Deutschland eine neue verrückte Mixtur. … Niemals wieder wird es eine einheitliche deutsche Nation geben. Wenn einmal der große Schlußkampf zwischen Kapital und Arbeit ausgefochten wird, dann werden zwar die Grenzsteine wieder wanken, aber dann werden Klassen gegeneinanderstehen und nicht mehr Nationen.

Sie mögen ihr Reich feiern, die Fragmente der ehemaligen Herrenkaste, die Militärs, die hohe Bureaukratie, die Besitzer von Geld, Land und Menschen. Die Republik hat damit nichts zu tun. Die Republik nennt diese amtliche Feierei Verrat an ihrem Geist. …“

Feiern wir nicht mit unserer Herrenkaste den „Tag der Deutschen Einheit“. Wir feiern lieber den Geburtstag von Carl von Ossietzky.