Auch die Bundeswehr kann gezielt töten: „Die haben wir erlegt“ – gezielte Tötungen im Drohnenkrieg

Eine amerikanische Reaper-Drohne hatte Lenkraketen auf ein Fahrzeug am Internationalen Flughafen von Bagdad abgeschossen, in dem sich der iranische General Qassem Soleimani und der irakische Kommandeur Abu Mahdi al-Muhandis befanden und die dadurch getötet wurden. Ob der Iran die Rhetorik einer Rache in die Tat umsetzt, bleibt offen. Der „Gegenschlag mit Vorwarnung“ hatte Todesopfer vermieden. Iran will auf den juristischen Weg setzen, die US-Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Damit könnte der Iran eine zivilisatorische Überlegenheit zeigen: auf die Stärke des Rechts setzen, während die USA nur das Recht des Stärkeren beanspruchen.

Von wo aus die operative Steuerung des Drohnen-Abschusses des US-Militärs geführt wurde, ist nicht eindeutig klar. Bekannt ist jedoch, dass die US-Basis in Ramstein (Rheinland-Pfalz) zuständig ist für alle Umsetzungen von Drohneneinsätzen im Nahen und Mittleren Osten. Der Sicherheitsexperte Marcel Dickow kommt zu der Einschätzung: „Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Ramstein zumindest einen technischen Anteil an dieser Operation hatte.“

Hermann Theisen (DFG-VK) hat Strafanzeige gestellt. Er verweist auf das Urteil des OVG Münster vom 19.3.2019, das die Bundesrepublik Deutschland dazu verurteilt, sich zu vergewissern, ob eine Nutzung der Air Base Ramstein für Einsätze von bewaffneten Drohnen im Jemen im Einklang mit dem Völkerrecht stattfindet. Diese Verpflichtung müsste nun ebenso für den Drohneneinsatz im Irak gelten. Wenn die „Vergewisserung“ zum Ergebnis hat, die Nutzung sei gegen das Völkerrecht, dann müsse die Bundesregierung auf „dessen Einhaltung gegenüber den USA hinwirken“. Ob die zuständige Staatsanwaltschaft der Anzeige nachgeht, ist bisher nicht bekannt.

Die Bundeswehr kann es auch: Die gezielte Tötung von gegnerischen Führern gehört zur Ausbildung von Spezialisten. Die Elektronische Kampfführung der Bundeswehr (EloKa) zeigt auf einer Werbeveranstaltung, was sie kann: sie hatte die „aufgeklärten“ Gegner auf einer Pinnwand dargestellt, an der Spitze den „Emir“ mit Namen „Hadschi Halef“.

Auf das ironisch vorgetragene Lob, wie phantasievoll es doch sei, für den Gegner den Namen von Karl Mays Romanfigur zu verwenden, wurde reagiert und entsprechend korrigiert, nun heißt es, die dargestellten Personen seien „echte Terroristen“: „Die haben wir erlegt.“ Die Erklärung, weshalb getötete Gegner als Trophäen zur Schau gestellt werden, folgt ungefragt: Das habe mit der Datenschutzgrundverordnung zu tun. Wir können ja nicht die Bilder von irgendwelchen lebenden Nordafrikanern verwenden, die könnten ja dagegen klagen, dass sie hier abgebildet werden. Deshalb haben wir hier nur Bilder von getöteten Terroristen genommen, daneben sieht man von Bundeswehrdrohnen aufgenommene Bilder der Zerstörungen. Die Soldaten zeigten kein Zeichen von Unrechtsbewusstsein.

Dass der Bundeswehreinsatz in Mali im Rahmen der MINUSMA der Vereinten Nationen erfolgt, macht es schwieriger, juristisch dagegen vorzugehen. Der Bundeswehreinsatz im Irak ist von der UNO nie legitimiert worden. Die Tornados, vor deren Heimatstandort Jagel regelmäßig Mahnwachen stattfinden, waren über Syrien und dem Irak. 125 Bundeswehrsoldaten sind noch im Irak stationiert. Das irakische Parlament hat den Abzug aller ausländischen Truppen beschlossen, auch den der Soldaten der Bundeswehr. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat festgestellt, der Verbleib der Bundeswehr im Irak ist rechtswidrig, wenn der Irak sie dort nicht haben will. Was tun? Die Soldaten der Bundeswehr, die im Irak sind, sollten jetzt den rechtswidrigen Einsatz von sich aus beenden, den Dienst verweigern und nach Hause reisen, notfalls auf eigene Kosten. Wir können verlangen, einseitige Abrüstungsvorleistungen zu erbringen, die Bundeswehr abzuschaffen und die NATO Mitgliedschaft zu kündigen.

„Deutschland raus aus der NATO!“ für sich alleine ist auch eine Parole von Rechtsextremen. Die wollen eine starke deutsche Bundeswehr, die für nur deutsche Interessen eingesetzt werden kann, ohne Mitsprache anderer NATO-Länder. Die Doppelforderung „Bundeswehr abschaffen! – NATO raus aus Deutschland!“ ist für Aktionen mit antiimperialistischem Charakter wichtig.

Nächste Mahnwache am Drohnen- und Tornadostandort Jagel: am 22. Februar 2020 wieder „Zwei vor Zwölf“.

Beitrag aus UNSERE ZEIT

https://www.unsere-zeit.de/die-haben-wir-erlegt-122929/

Mahnwache der Deutschen Kommunistischen Partei am Drohnen- und Tornadostandort Jagel am 29.9.2018

Mahnwache der Deutschen Kommunistischen Partei
am Drohnen- und Tornadostandort Jagel am 29.9.2018Kommunisten blockierten den NATO-Standort mit Fahnen, Transparenten, Pflastermalerei. In diesem Sommer wurde Jagel dem NATO-Kommando unterstellt, so daß jetzt die NATO und nicht etwa der Bundestag über die weltweiten Einsätze beschließt, eine schnelle Engreiftruppe, die überall hin geschickt werden kann.

Die Zufahrt war dichtgemacht.

Rüstung kostet Geld, das den arbeitenden Menschen fehlt.

Kreative Gestaltung des Straßenpflasters

Thorsten, Bezirksvorsitzender der DKP-SH, eröffnete die Kundgebung.

und am Himmel erschien ein von den Düsentriebwerken gezeichnetes Kreuz

Bei der anschließenden Aktiventagung beschlossen die DKP-Mitglieder, auch künftig weitere Mahnwachen am Drohnen- und Tornadostandort Jagel durchzuführen und regelmäßig mit dabei zu sein. Dann sollen gegen alle Versuche der Bundeswehr, mit Schulbesuchen, Werbestände und Militärshows Jugendliche für den Kriegsdienst zu werben, Kommunisten Protestaktionen durchführen, um die Jugend für Friedensaktivitäten zu gewinnen.

Rege Beteiligung beim Ostermarsch 2018 von Schleswig nach Jagel

Ein Bericht von Jörg Pepmeyer mit Fotos von Ralf Cüppers

Über 150 TeilnehmerInnen marschierten am Karfreitag vom Schleswiger Bahnhof zum Fliegerhorst in Jagel. Darunter ganze Familien, alte und junge Menschen aus Schleswig, Flensburg und darüber hinaus.

Aufgerufen dazu hatte der DGB Nord, attac, die DFG-VK, Friedensinitiativen, DIE LINKE, die DKP und weitere politische Organisationen.
Ebenfalls dabei Flüchtlinge aus dem Jemen, die sehr eindringlich auf die katastrophale Lage in ihrem von Krieg, Hunger und Cholera geplagten Heimatland hinwiesen und ein sofortiges Ende des Kriegs und der Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien forderten.

Ralf Cüppers, Vertreter der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und einer der Initiatoren des Ostermarschs wies in seiner Begrüßungsrede am Schleswiger Bahnhof auf die derzeit laufende Modernisierung und Aufrüstung der Bundeswehr im Rahmen der neuen elektronischen Kriegsführung hin. Zukünftig werde es möglich sein, Krieg ferngesteuert mit Robotern zu führen. Diese Automatisierung des Tötens sei eine neue Stufe der militärischen Rüstung, bei der „intelligente“ Drohnen schon jetzt die technologische Entwicklung der nächsten Jahre vorzeichnen würden. Auch der Fliegerhorst und Drohnenstandort in Jagel spiele dabei, so Ralf Cüppers eine besonders wichtige Rolle.

Ebenfalls warnte Frank Hornschu vom DGB Nord vor einer neuen Rüstungsspirale. Die geplante Erhöhung der deutschen Militärausgaben von derzeit 37 Milliarden auf über 60 Milliarden Euro sei das absolut falsche Signal, es gelte Konfrontation durch Kooperation zu ersetzen und gemeinsam abzurüsten. Höhere Militärausgeben würden den Frieden nicht erhalten, sondern würden zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung gehen. Sie würden gebraucht bei dringend erforderlichen Investitionen in Schulen, Kitas, Ausbildung und Beschäftigung, bei der Integration von Geflüchteten, der Stabilissierung des Rentensystems und für den sozialen Wohnungsbau.

Zudem forderte Frank Hornschu die Rüstungsexporte in Krisenregionen sofort und Rüstungsexporte und Rüstungsproduktionen langfristig zu stoppen. Ebenso wandte er sich scharf gegen die Stationierung neuer US-Atomwaffen im rheinland-pfälzischen Büchel. Hornschu bezog sich in seinen Ausführungen insbesondere auf die Beschlüsse und Forderungen des DGB-Nord. Auf ihrer Bezirkskonferenz im November 2017 hatten die im DGB zusammen geschlossenen Gewerkschaften des Bezirks Nord (Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern) einen Aufruf “Gegen eine neue Rüstungsspirale: Abrüstung jetzt!” beschlossen, den man hier nachlesen kann: DGB-Friedens-Aufruf

Dann marschierten die Kundgebungsteilnehmer mit Gesang durch die Stadt Schleswig zum Fliegerhorst in Jagel.

Begrüßt wurden sie dort mit arabischer Musik auf der Oud von Khaled, einem syrischen Kriegsflüchtling, der seit drei Jahren in Deutschland lebt. Er nahm auch zur Sitaution in seinem Heimatland Stellung. Er und seine Familie wünschen sich wie viele Syrer inständig ein sofortiges Ende des Krieges und ebenso ein Ende der deutschen Rüstungsexporte in Krisenländer. Er  verurteilte in diesem Zusammenhang scharf das Vorgehen der mit deutschen Panzern ausgerüsteten türkischen Armee in Nord-Syrien und in der Stadt Afrin.

Antje Reichelt vom globalisierungskritischen Netzwerk attac erläuterte in ihrem Beitrag  unter dem Titel „Der vergessene Krieg“ die Hintergründe des Kriegs im Jemen. Dieser Krieg, der bereits Zigtausende Opfer gefordert habe, sei vor allem dank westlicher Waffen, auch aus Deutschland, nach Angaben der Vereinten Nationen zu einer der größten humanitären Katastrophen der letzten Jahrzehnte geworden.

Allein 2017 habe die Bundesregierung Rüstungsexporte in Höhe von 1,3 Milliarden Euro an Staaten genehmigt, die direkt am Krieg gegen den Jemen beteiligt sind. Antje Reichel kritiserte besonders scharf, dass trotz des im aktuellen Koalitionsvertrag beschlossenen Exportstopp in Länder, die unmittelbar am Krieg im Jemen beteiligt sind, acht Patrouillenboote an Saudi-Arabien geliefert werden. Gleichzeitig ging sie auf die trickreichen Waffendeals der Bundesregierung und deutscher Rüstungsunternehmen mit Saudi-Arabien ein.

Abschließend forderte sie eine Ächtung der Profite aus den Waffen und Rüstungsproduktionen und wünschte sich eine uneingeschränkte Solidarität mit den Menschen, die zu uns geflohen sind und deren eigentliche Fluchtursache wir doch seien.

Detlef Mielke von der DFG-VK wies in seiner Abschlussrede auf die neue atomare Aufrüstung hin. Die Bundesregierung unterhalte ebenso wie ihrer Vorgänger im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ sogar eigene IDS-Tornados als Atomwaffenträger. Gleichzeitig beteilige man sich an Raketen-Abwehrsystemen, die die NATO unverwundbar machen sollen. Dies und die NATO-Strategie mache deutlich, dass die Militärs tatsächlich gewillt seien, Atomwaffen auch als erste einzusetzen.

In diesem Zusammenhang forderte Detlef Mielke die für den Abwurf von Atombomben ausgerüsteten Tornados zu verschrotten. Ebenso dürften von der Bundesregierung keine Nachfolgeflugzeuge für den Atombombenabwurf angeschafft oder entwickelt werden. Die Strategie und die Planungen der NATO seien in diesem Kontext eine enorme Bedrohung nicht nur für Deutschland und seine Bevölkerung. Deshalb müsse man dafür  kämpfen, dass die BRD den UN-Verbotsvertrag für Atomwaffen unterzeichne und die Mächtigen zur Abkehr vom Willen zum Atomkrieg zwingen.

Ralf Cüppers bedankte sich im Namen der Veranstalter bei den TeilnehmerInnen für ihr zahlreiches Erscheinen und lud sie zur Mahnwache am 21. April vor dem Fliegerhorst ein. Alles in allem berwertete er den Ostermarsch 2018 als Erfolg, zumal diesmal erheblich mehr TeilnehmerInnen dem Aufruf gefolgt waren, als im letzten Jahr, in dem lediglich 100 Menschen teilnahmen.