Keine Wahl am 18. September

Wer nicht reich ist, wird von dem*r künftigen Oberbürgermeister*in nicht vertreten.

Am 9. September fand in der Kirche St. Nikolai eine öffentliche Vorstellungsrunde der Kandidatinnen und Kandidaten zur Flensburger Oberbürgermeister*innenwahl statt: Frau Lange stellt sich zur Wiederwahl und wird von SPD und Grünen unterstützt, Frau Haug kandidiert für den SSW, Herr Geyer, der Geschäftsführer des Flensburger Arbeitgeberverbandes, ist der Kandidat für FDP und CDU und Herr Paysen von der Wählergemeinschaft „Flensburg wählen“.

Kandidat*innen nur für die Reichen: von links nach rechts: Herausforderer Marc Paysen und Karin Haug mit der amtierenden Oberbürgermeisterin Simone Lange.
Nicht im Bild: Fabian Geyer kam (zu) spät und stellte sich dann rechts außen neben die Oberbürgermeistein.

Vom Moderator und Stadtpastor Ahrens wurden vorbereitete Fragen an die Kandidat*innen gestellt zum Thema Soziales, Öffentlicher Raum, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Er stellte zum Abschluss fest, sie hätten kaum voneinander abweichende Vorstellungen wie sich Flensburg entwickeln soll.

Zusätzlich konnten die Teilnehmer*innen schriftlich Fragen an die Kandidat*innen zu den vorgegebenen Themenblöcken stellen, die von einer „Bürgeranwältin“ sortiert und ausgewählt zusätzlich an die Kandidat*innen gestellt wurden. Die ausgewählten Fragen der Teilnehmenden zeigten, dass es im Publikum Menschen gab, die qualifiziert und realistisch die Situation und die Möglichkeiten der Entwicklung in Flensburg einschätzen können und auch bereit sind, sich engagiert politisch einzubringen.

Dennoch war die Bereitschaft nach einer Ausweitung der direkten Beteiligung von Bürger*innen dieser Stadt nur bei Herrn Paysen zu erkennen. Die anderen Kandidat*innen sehen sich eher als die Expert*innen, die eine direkte Beteiligung der Bürger*innen nicht brauchen.

Wunschdenken der Kandidat*innen.

Die Kandidat*innen repräsentieren ihre eigene gesellschaftliche Klasse und deren Bedürfnisse. Für die Lebenswelt ärmerer Menschen fehlt es ihnen an Empathie und Vorstellungskraft. Diejenigen, die in der Öffentlichkeit (am Südermarkt und ZOB) ihre psychischen Probleme und ihre Suchterkrankung zeigen, sind ihrer Meinung nach „Störenfriede“ des gewünschten Stadtidylls. Für ihre Konflikte und Probleme ist ein privater Sicherheitsdienst und die Polizei zuständig. Für Streetworker und Sozialarbeiter*innen, die sie eigentlich bräuchten, gibt es keine Planstellen und auch kein Geld dafür. Frau Haug wies darauf hin, wie wichtig für sie die Fußgängerzone als öffentlicher Raum und als Ort der Begegnung mit anderen Menschen ist und dass sie deswegen die Fußgängerzone ausweiten will. Die Außengastronomie expandiert auf die Gehwege der Norderstraße.

Für diejenigen, die in dieser Fußgängerzone unerwünscht sind, also Menschen, die kein Geld ausgeben wollen oder können, Rentner und Obdachlose, gibt es kaum Bänke oder andere Sitzmöbel. Früher gab es mal die „S-Kurve“ vor Karstadt und Tische und Bänke auf der Südermarktplattform. Jetzt müssen die Menschen auf dem Boden der Treppe sitzen, wenn sie es sich nicht leisten können, kommerziell zu saufen. Der öffentliche Raum ist aber auch für sie ein Ort der Begegnung.

Sichtbar arme Menschen, die an den Tafeln Schlange stehen, passen auch nicht ins Wunschidyll einer Stadt mit besonderen Geschäften, Cafés, Hotels und Ferienwohnungen, die „Geld in die Stadt bringen“, so der Wunschtraum der Kandidat*innen. Von Stadtpastor Ahrens wurde angeregt, dass Flensburg eine Suppenküche braucht. Herr Paysen war der einzige, der darauf hingewiesen hat, dass Suppenküchen die Menschenwürde derjenigen in Frage stellen, die sie in Anspruch nehmen müssten.

Die Kandidat*innen brachten immer wieder zum Ausdruck, dass in der Kasse der Stadt ebenso wenig Geld ist, wie in den Kassen der meisten ihrer Bewohner*innen. Die Stadt ist finanziell gar nicht in der Lage, aus sich heraus, die Wunschträume einiger weniger zu verwirklichen, die ihren Bedürfnissen als (noch) besser verdienende entspricht. Deswegen werden dann Investoren mit dem Verramschen öffentlichen Eigentums gelockt. Gentrifizierung ist das Mittel, um diese Wunschträume zu verwirklichen.

Es gab überwiegend Einigkeit unter den Kandidat*innen, wie sich die Stadt entwickeln soll: Eine saubere, sichere Stadt für die diejenigen, die hier leben und noch Geld haben, zusammen mit denjenigen, die von Außen kommen und noch Geld haben zum Kommerz einladen sollen, in einer erweiterten Fußgängerzone zum flanieren. Fahrradwege und Fußwege sollen erweitert werden. Der öffentliche Verkehr soll zwar ausgeweitet werden, aber auf diese schöne Absichtserklärung kam gleich darauf kam die Ausrede, dass darauf die Stadtpolitik wenig Einfluß hat. Dass „die Stadtpolitik“ die Einflussnahmemöglichkeit selbst abgegeben hat, in dem sie das kommunale Verkehrsunternehmen in eine GmbH ausgegliedert hat, hatte kein*e Kandidat*in bemerkt. Die öffentlichen Parkplätze am Hafen sollen verschwinden, statt dessen soll die Fläche den Hoteliers am Hafen für die Außengastronomie zur Verfügung gestellt werden und von dort aus auf der Förde Kanus und Tretboote fahren, um dieses „Sahnestück“ besser nutzen zu können.

Zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz machte Frau Lange sehr engagierte Aussagen für Renaturierung. Auf der Handlungsebene sah es anders aus: Kleingartenanlagen wurden gerodet, alte Bäume auf dem Museumsberg, die den Touristen die Aussicht auf die Förde versperrten gefällt. Teile des Klueser Waldes und Bäume an vielen Stellen in der Stadt und vor allem der Bahnhofswald sind den Profitinteressen von Investoren zum Opfer gefallen.

Die Verantwortung der Stadt für bezahlbarer Wohnraum wird an die Flensburger Baugenossenschaften abgewälzt. Dass der Wohnungsbestand der ehemaligen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft privatisiert worden war, wurde nicht bemerkt. Statt dessen wurde auf die steigenden Baukosten hingewiesen, die es auch den Baugenossenschaften erschweren, zu renovieren oder gar neu zu bauen. Zwar sollen aufgrund des sinkenden Grundwasserspiegels in Folge des Klimawandels keine Flächenversiegelungen mehr stattfinden. Konkrete Maßnahmen wurden nicht benannt, etwa als Chef*in der Verwaltung dem TBZ zu untersagen, Hauseigentümer dazu zu nötigen, Regenwasser in die Kanalisation abzuleiten und nicht in ihren Gärten zum Erhalt des Grundwasserspiegels versickern zu lassen.

Über den Leerstand in der Stadt gibt es keine Informationen. Herr Geyer sieht keine Möglichkeiten, Hausbesitzer dazu zu bringen, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Leerstand aus Spekulationsgründen oder wegen fehlender Renovierungsmöglichkeiten in kommunales Eigentum zu überführen, sei nicht möglich.

Aber Bauer Knop konnte aus angeblichem „öffentlichem Interesse“ wegen des Baus einer Straße enteignet werden und mit dem Bau der Kreisstraße wurde bereits begonnen, als das Gerichtsverfahren noch gar nicht entschieden war. Die Kreisstraße dient der Förderung des Individualverkehrs mit PKW’s, und als Zubringer eines neu ausgewiesenen Baugebietes, natürlich mit Flächenversiegelung. Dadurch wurde eine zusammenhängende Biotopfläche und eine der letzten innerstädtischen CO2-Senken zerstört. Eigenheime und Wohnungen in Neubaugebieten sind für Flensburger Menschen, die unter der Wohnungsnot leiden, nicht bezahlbar. Es sind oft „Zugereiste“ aus den Metropolen, die sich hier Zweitwohnungen oder Ferienwohnungen oder einen Altersruhesitz leisten. Frau Lange teilte auf die schriftliche Anfrage eines Teilnehmenden hin mit, dass die Auflagen bei Neubauten auch Sozialbauwohnungen einzuplanen, oft nicht umgesetzt werden. Kein*e Kandidat*in hatte angekündigt, als Chef*in der Verwaltung die Sozialbindung entsprechend einzufordern und die Nichteinhaltung teuer zu sanktionieren.

Herr Geyer sieht es als Aufgabe der Stadtpolitik, „das Eigentum und das Leben“ der Flensburger zu schützen, nannte es in dieser Reihenfolge. Bei diesem Lobbyisten des Arbeitgeberverbandes spielt Sozialpolitik für Unterprivilegierte überhaupt keine Rolle.

Wunschträume der Kandidat*innen scheitern am nicht vorhandenen Geld.

Dass die Kandidat*innen damit zum Ausdruck bringen, dass die finanziellen Mittel und Möglichkeiten der Stadt den finanziellen Mitteln und Möglichkeiten ihrer Bewohner*innen entsprechen, scheinen sie nicht zu bemerken. 11000 Flensburger*innen leben in prekären Verhältnissen von“Hartz IV“, davon seien 5000 arbeitslos, der größere Rest „arm trotz Arbeit“ zu einem geringen Lohn, der fürs Überleben nicht reicht. Die Zahl der Rentner*innen und Kranken, deren Bezüge durch Grundsicherung ergänzt werden, wurde nicht genannt. Aufgrund der explodierenden Energiekosten und der Inflation werden von denjenigen, die jetzt noch mit ihrem Einkommen zurecht kommen, weitere auf Unterstützung angewiesen sein. Frau Lange setzt hier auf die Solidarität der Flensburger*innen, die ja die 300 Euro Energiekostenzuschuß, die sie nicht brauchen, freiwillig an Bedürftige abgeben können.

Reichtum besteuern

Dass wirklicher Reichtum entsprechend besteuert wird, etwa durch einen deutlich erhöhten Gewerbesteuersatz auf Unternehmergewinne, auf die Idee kommt sie nicht, aber auch die anderen Kandidat*innen nicht. Der Lobbyist des Arbeitgeberverbandes würde es sicher zu verhindern wissen. Die Gewerbesteuer trifft nur die wirklich Reichen, die es sich leisten können, sie darf gerne noch höher sein als der Einkommenssteuerspitzensatz. Denn für Kleingewerbetreibende gibt es einen steuerfreien Freibetrag, der ist mehr als doppelt so hoch als der für die Lohnsteuer abhängig Beschäftigter und freiberuflich Selbständige sind davon gar nicht betroffen.

Alle Kandidat*innen vertreten ausschließlich die Bevölkerungsschicht, die sie selber repräsentieren. Diese Minderheit der Bevölkerung soll ihre Bedürfnisse rücksichtslos verwirklichen können. Die anderen werden ausgegrenzt, durch Gentrifizierung aus der Stadt vertrieben oder in „nachverdichteten“ Wohngebieten auf engstem Raum im „sozialen Brennpunkt“ zusammengepfercht.

Wir können den Spieß auch umdrehen: Diese kandidat*innen können dorthin gehen, wo ihre Wunschidylle schon verwirklicht ist, zum Beispiel auf Sylt. Da können sie mit dem ihrem E-Bike, das teurer ist als ein gebrauchter Kleinwagen, von einem besonderen Geschäft ins nächste fahren, sich in angesagten Bars, Cafés und Fresstempeln nur mit ihresgleichen begegnen.

Dafür bleibt Flensburg denjenigen erhalten, die alte Bäume achten und wertschätzen und Kleingartengebiete erhalten, weil sie auch denjenigen, die nicht über ein Haus verfügen, einen eigenen Garten ermöglichen in Nachbarschaft mit anderen Gärtner*innen. Dafür wird Flensburg als eine „grüne Stadt“ mit gesundem Klima bewahrt. Der Bahnhofswald wurde geliebt als Lebensraum für seltene Tiere mitten in der Stadt. Wir können auch an der Förde spazieren gehen, ohne für teures Geld ein Tretboot oder Kanu mieten zu müssen. Wir können dort auf Bänken sitzen, ohne mit einer überteuerten Tasse Kaffee in der Außengastronomie eine Sitzgelegenheit am Wasser mieten zu müssen. In der Schloßstraße wurde mit Eigeninitiative der Anwohner*innen eine öffentliche Grünflächen als innerstädtische Biotop für Insekten und für den Aufenthalt von Menschen bepflanzt. Achtsam und nachhaltig leben und genießen können, ist nicht vom Einkommen abhängig. Wenn ein*e Kandidat*in stolz erklärt, sie habe ihren PKW abgeschafft, ist es ein Schlag ins Gesicht für alle, die nicht das Geld haben, sich ein Taxi zu leisten, weil der 2,70 Euro pro Einzelfahrt teure öffentliche Busverkehr Besucher*innen von Abendveranstaltungen nicht mehr nach Hause bringt, weil er abends überhaupt nicht mehr fährt. Und als Oberbürgermeister*in wird über einen Dienstwagen verfügt, dadurch wird ein Privat-PKW nun wirklich überflüssig.

Was kostet Bürgerbeteiligung?

In einem Debattenbeitrag in der Flensborg Avis beklagte sich Frau Oberbürgermeisterin Simone Lange über mangelndes Interesse der Flensburger Bürger, sich an der Planung und Gestaltung der Innenstadt zu beteiligen. Wer dieses als Einladung verstanden hat, sich zu beteiligen wurde enttäuscht. Voraussetzung für sinnvolle Beteiligung ist Information. Deshalb stellte ein interessierter Bürger Fragen an die Oberbürgermeisterin:

„Sehr geeehrte Frau Oberbürgermeisterin

In § 16 a der Gemeindeordnung heißt es zum Thema Unterrichtung der Einwohnerinnen und Einwohner

(1) Die Gemeinde muss die Einwohnerinnen und Einwohner über allgemein bedeutsame Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft unterrichten und fördert das Interesse an der Selbstverwaltung.

Ich zeige Interesse an der Selbstverwaltung, möchte darin durch Bereitstellung von Information gefördert werden und bitte daher um Beantwortung der im Folgenden genannten Fragen nach § 3 IZG SH, Anspruch auf Zugang zu Informationen:

Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf freien Zugang zu den Informationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Rechte auf Zugang zu Informationen, die andere Gesetze einräumen, bleiben unberührt.

Gibt es eine Grünflächenvernichtung in Flensburg?

Flensburg hat eine Gesamtfläche von 56,74 Quadratkilometer laut wikipedia

Ist diese Zahl zutreffend? wenn nein, wie groß ist die Fläche tatsächlich?

Wieviel davon ist im Eigentum der Stadt Flensburg jeweils im Januar 2017 und im Januar 2021?

Wieviel Grund und Boden hat die Stadt Flensburg in diesen vier Jahren zugekauft?

Wieviel Grund und Boden hat die Stadt Flensburg in diesen vier Jahren verkauft?

Wie viel von den verkauften Flächen an Bürger der Stadt Flensburg zur Einfamilienhausbebauung?

Wie viel von den verkauften Flächen an Investoren?

Wieviel Quadratkilometer Grünflächen (Wald, Parks, Kleingärten, Landwirtschaft) hat Flensburg

jeweils im Januar 2017 und im Januar 2021 ?

Wieviel davon im Eigentum der Stadt Flensburg jeweils im Januar 2017 und im Januar 2021

Wieviel davon im Privatbesitz jeweils im Januar 2017 und im Januar 2021

Wieviele Bäume im Stadtgebiet insgesamt sind von Januar 2017 bis Januar 2021 gefällt worden?

davon mit Genehmigung unter Berücksichtigung der Baumschutzsatzung durch die Stadt Flensburg?

davon ohne Genehmigung durch die Stadt Flensburg?

Wie hoch sind die Bußgeldeinnahmen, die von der Stadt Flensburg wegen ungenehmigter Baumfällungen verhängt wurden?

Laut wikipedia befinden sich in Flensburg:

0,89  Quadratkilometer Naturschutzgebiet Twedter Feld

11,72 Quadratkilometer Landschaftsschutzgebiet,

davon

2,59 Quadratkilometer Marienhölzung          

1,02 Quadratkilometer Klueser Wald

0,75  Quadratkilometer Volkspark

0,21  Quadratkilometer Lautrupsbachtal

unter Wälder in Flensburg ist dort aufgeführt:

5,9  Quadratkilometer Marienhölzung

1,09  Quadratkilometer Klueser Wald

Sind diese Zahlen zutreffend?  wenn nein, wie groß sind die Flächen tatsächlich?

Wie erklären sich die unterschiedlichen Angaben für Waldfläche und Landschaftsschutzgebietfläche für die Marienhölzung und den Klueser Wald?

Wieviel Fläche hatte die Marienhölzung, als sie 1909 von der Kirchengemeinde abgegeben und in den Besitz der Stadt Flensburg kam und wieviel davon ist inzwischen bebaut?

Wieviel Fläche hatte der Klueser Wald vor der Bebauung durch Danfoss und jetzt FFG?

Wieviel Fläche hatte der Volkspark vor der Bebauung mit Wohngebäuden am Wasserturm und der Rodung der Kleingartenkolonie 115?

Wieviel Fläche hatte das Lautrupsbachtal vor dem Bau der Osttangente?

Wie viel innerstädtische ehemals bebaute Fläche wurde zum Ausgleich begrünt und aufgeforstet?

Ausgleichsmaßnahmen durch Aufforstung auf zuvor nicht bebauten Flächen, etwa landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie Flächen am Stadtrand wären davon getrennt aufzuführen.

Wie viele Kleingärten sind in Flensburg jeweils 1960, 1980, 2000, Januar 2017 und im Januar 2021?

Wieviel Fläche hatten Kleingärten in Flensburg jeweils 1960, 1980, 2000, Januar 2017 und Januar 2021?

Wieviel dieser Kleingartenfläche wurde wann zu Bauland und womit bebaut?

jeweils in den Zeiträumen 1960, 1980, 2000, Januar 2017 und Januar 2021?

Ist geplant, weitere innerstädtische Grünflächen in Flensburg zu bebauen?

Wieviel Fläche für den Bau eines Krankenhauses im Bereich des Kleingartengeländes Peelwatt?

Wieviel Fläche für den Bau eines Krankenhauses stünde alternativ im Bereich Schäferhaus Nord zur Verfügung?

Wieviel Fläche für den Bau einer Brauerei oder anderer Gewerbebetriebe im Bereich des Kleingartengeländes Stille Liebe?

Wieviel Fläche für andere Bauvorhaben (Gewerbe- und Wohnbebauung)? Bitte vollständig auflisten.

Wieviel innerstädtische Grünfläche darf nach Ansicht der Oberbürgermeisterin künftig noch zur Bebauung freigegeben werden?

Wieviel innerstädtische Grünfläche ist nach Ansicht der Oberbürgermeisterin das Minimum, das zum Klimaschutz in Flensburg zwingend erhalten bleiben muß?

Mit freundlichen Grüßen“

Die Informationen wurden nicht gegeben. Der Fragesteller bekam aber im folgenden Monat folgendes „Angebot“:

Daran ist zweierlei bemerkenswert:

1.

Die für eine echte Bürgerbeteiligung benötigten Informationen werden nur gegen Zahlung einer Gebühr bereitgestellt. Der Fragesteller könnte einen solchen Betrag vielleicht noch aufbringen, sieht es aber nicht ein. Für einen Menschen, der mit dem Existentzminimum auskommen muß, übersteigt eine solche Forderung der Stadt sein  monatliches Einkommen. Arme Menschen werden von der Bürgerbeteiligung ausgeschlossen, Kapitalisten könnten einen solchen Betrag „aus der Portokasse“ aufbringen. Also gibt die Stadt Flensburg zu erkennnen, daß sie nur an Beteiligung von Menschen interessiert ist, die Geld haben. Arme werden ausgeschlossen.

2.

Die Beantwortung der Fragen erfordere angeblich „einen erheblichen Recherche und Darstellungsaufwand“. Damit gibt die Stadt zu, daß die erfragten Daten nicht problemlos bereit stehen. Das ist wirklich überraschend, denn zumindest die Mitglieder der Ratsversammlung und des städitischen Umwelt- und Planungsausschusses müßten doch vorher über derartige Daten informiert worden sein, bevor sie zum Beispiel über den Verkauf des Bahnhofswaldgeländes an einen privaten Inverstor mit Sachkenntnis abestimmen können.  Abzusrtimmen ohne die statistischen Grundlagen zu kennen, ist doch völlig verantwortungslos. Der an Bürgerbeteiligung interessierte Bürger ging natürlich davon aus, daß die Informationen, die einem Kommunalpolitiker vor der Abstimmung zustehen, wenigstens hinterher auch ihm gegenüber öffentlich gemacht werden.

Die Rechte der Bürger einzuschränken und damit das Informationszugangsgesetz zu unterlaufen ist in Flensburg nichts Neues. Wir haben es bereits in den Beiträgen vom 28.1.2020 und 3.12.2019 kritisiert, die weiter untern hier auf dieser Seite veröffentlicht sind.

Die Beantwortung der Fragen könnte für die Oberbürgermeisterin schwierig werden. Mit ihrer Sozialisation in einem der neuen Bundesländern ging sie vielleicht davon aus, daß die Verschleuderung von Volkseigentum an private Investoren in Flensburg genauso heimlich von statten gehen kann wie die Machenschaften der sogenannten Treuhandanstalt, von der erst später bekannt wuirde, in welchem Ausmaß sie das Volksvermögen der volkseigenen Betriebe und Immobilien veruntreut hat. Und für den Stadtkämmerer könnte sich ergeben, daß er einen defizitären Haushalt verantworten müßte, wenn die Einnahmen aus der Verschleuderung von Volkseigentum an private Investoren plötzlich wegfielen. Dies wären  natürlich unbewiesene Hypothesen, aber um diese zu belegen oder zu widerlegen brauchen wir die Zahlen. „Gefühlt“ gibt es den Kahlschlag von Grünflächen in Flensburg. Ob der wirkllich so schlimm ist, wie „gefühlt“, um das zu bewerten brauchen wir die Zahlen.

Wie können wir sie dennoch schnell bekommen?

Der Fragesteller wird sich zunächst auf die zur Beantwortung angebotenen vier Fragen beschränken. Wenn sich nun weitere Interessierte finden, die ebenfalls jeweils vier Fragen stellen, dann ist der Katalog schnell abegearbeitet. Ansonsten dauert es eben etwas länger. Angebote, jeweils vier Fragen in eigenem Namen zu übernehmen bitte an dkpflensburg@gmail.com,

Wie aus einer Beschlussvorlage ein „Gerücht“ wurde

Die Oberbürgermeisterin und der Vorsitzende des Hauptausschusses, Herr Rüstemeier (CDU), wissen, wie das geht.

„Das Gerücht“, Grafik von AP Weber

Am 3.9. wurde im Hauptausschuss unter TOP 5.: „Aktualisierung der Geschäftsordnung der Ratsversammlung“ auf Antrag des CDU-Fraktionsvorsitzenden Arne Rüstemeier die Vorlage HA-43/2019 beschlossen. Dort heißt es: „Die Verwaltung wird beauftragt, der Ratsversammlung eine Neufassung der Geschäftsordnung zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen und darin die Punkte Einwohnerfragestunde, Ordnung in Sitzungen und Redeordnung besonders zu berücksichtigen.“ In der Begründung der CDU-Vorlage geht es vor allem darum, die Regelungen für die Einwohnerfragestunde zu verschärfen und die Redezeiten der Fraktionen zu begrenzen. Angenommen wurde die Vorlage bei 10 Ja-Stimmen und 4 Enthaltungen. Und zwar mit den Stimmen der CDU, SPD, Grünen, SSW und FDP-Vertreter im Hauptausschuss.

Entsprechend dieses Auftrags wurde von der Stabsstelle Recht im Rathaus unter Leitung von Ellen Eichmeier ein Entwurf mit den von der CDU geforderten Änderungen erarbeitet. Dieser Entwurf wurde mit Stand 1.11. ebenso wie die dazugehörigen Beschlussvorlagen in das Ratsinformationssystem eingestellt.

In der Hauptausschuss-Sitzung am 5.11. wurde dann die von der Verwaltung bzw. Stabsstelle Recht vorgestellte Beschlussvorlage RV-137/2019  beraten, darin heißt es: „Antrag: Die Ratsversammlung beschließt die in der Anlage beigefügte Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung vom 17.12.1993 wird außer Kraft gesetzt.“ Lediglich Ratsherr Marc Paysen von der Fraktion Flensburg Wählen! machte in dieser Sitzung seine grundsätzliche Kritik an dem Entwurf und an dem Vorgehen deutlich. Und besonders aufschlussreich: LINKE-Ratsherr Frank Hamann hielt es nicht für notwendig, sich ebenfalls deutlich und kritisch gegen den Entwurf zu positionieren und Marc Paysen in seinem Anliegen zu unterstützen. Mehrheitlich wurde dann vereinbart, mit der RV-137/2019  am 5.12. über die neue Geschäftsordnung und die Verschärfungen der Regelungen für die Einwohnerfragestunde in der Ratsversammlung zu beschließen.

Mehr zur strittigen Neufassung der Geschäftsordnung auch im AKOPOL-Beitrag vom 27.11.2019:
Keine Einschränkung der Bürgerrechte in Flensburg! – Keine Verschärfung der Regelungen für die Einwohnerfragestunde! unter https://akopol.wordpress.com/2019/11/27/keine-einschraenkung-der-buergerrechte-in-flensburg-keine-verschaerfung-der-regelungen-fuer-die-einwohnerfragestunde/ )

Flensburger Bürgerinnen und Bürger wollten es nicht hinnehmen, sich in ihren Rechten weiter einschränken zu lassen und protestierten mit Briefen an die Oberbürgermeisterin und den Stadtpräsidenten gegen das Vorhaben, Mitglieder der Flensburger DKP kündigten eine Klage beim Verwaltungsgericht gegen die Einschränkungen der Bürgerfragestunde an.

Daraufhin verschwand der Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung der Ratsversammlung am 5.12.

Stattdessen sollten sich die Mitglieder des Hauptausschusses am 3.12. in zweiter Lesung mit der neue Geschäftsordnung und den darin enthaltenen Einschränkungen der Bürgerfragestunde befassen.

Die Oberbürgermeisterin teilte vor dem Beginn der Hauptausschuss-Sitzung anwesenden Bürgerinnen und Bürgern mit, dass es sich bei den Einschränkungen der Bürgerfragestunde nur um ein „Gerücht“ handelt, das nun bedauerlicherweise in Flensburg kursiere.

Auch der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Rüstemeier (CDU) führte zu Beginn des Tagesordnungspunktes an, dass die Einschränkungen in der Bürgerfragestunde nur ein „Gerücht“ seien, das nun leider in Flensburg verbreitet wird.

Auch der LINKE -Ratsherr Frank Hamann kochte bereitwillig in der „Gerüchteküche“ mit.

Die LINKE -Ratsfrau Gabi Ritter erklärte, dass sie die bisherigen Regelungen der Bürgerfragestunde für nicht weitreichend genug hält. Anstatt der geplanten Einschränkungen müssen die Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, Fragen zu stellen und sich an der Kommunalpolitik aktiv zu beteiligen, erweitert werden. Sie forderte, dass es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht werden muss, auch in den Ausschüssen ihre Fragen zu stellen. Dies müsse zu einer allgemeinen Regelung werden und dürfe nicht darauf beschränkt sein, dass einzelne Ausschussvorsitzende die Fragen von Bürgerinnen und Bürgern ausnahmsweise zulassen. Marc Paysen von „Flensburg wählen“ schloss sich dieser Position an.

Herr Rüstemeier betonte, dass die neue Regelung der Bürgerfragestunde ja eine Erweiterung ist, denn jetzt werden vier Fragen zugelassen, statt bisher drei. Die Reglementierung sei aber notwendig, weil die Bürgerinnen und Bürger eine entsprechende Anleitung benötigen, wie sie ihre Fragen zu formulieren haben, weil sie sonst die Ratsversammlung überfordern.

Also sind die Einschränkungen der Bürgerfragestunde doch kein Gerücht!? Das Menschenbild bei den Vertreterinnen und Vertretern im Hauptausschuss ist mit Ausnahme von Gabi Ritter und Marc Paysen erschreckend: Die Bürgerinnen und Bürger, deren Interessen sie ja vorgeben zu vertreten, sind nach ihren Vorstellungen bösartige, ungebildete Monster, die zu ihnen kommen, um sie mit ihren Fragen zu nötigen und zu bedrängen, sie in ihrer heiligen Ratsruhe zu stören. Deswegen muss dieser „wilden Meute“ mit strengem Reglement und allmächtigem Auftreten begegnet werden. Und das ist kein Gerücht.

Bauernland in Bauernhand

Die WiF verwendet einen großen Teil ihrer Wahlkampfzeitung zur Kommunalwahl dem Kampf von Bauer Knop , der sich gegen seine Enteignung wehrt. Eine grundsätzliche Kritik am kapitalistischen System, daß solche Enteignungen zugunsten von Bodenspekulanten und Profitgier möglich macht, findet sich da leider nicht, man begnügt sich damit, die Oberbürgermeisterin als „Simone Pippilotta Langestrumpf“ zu karikieren.

Einige hundert Flensburger Bürger, darunter auch DKP-Mitglieder, die  WiF war hingegen dort nicht sichtbar und erkennbar, zeigten bereits am 24.2.2018 ihre Solidarität mit Bauer Ingo Knop in Form eine Menschenkette über seine Hofkoppel, die zugunsten einer Baulanderschließungsstraße von der Stadt Flensburg enteignet werden soll. Betreiberin des Enteignungsverfahrens ist die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange, die sich damit zur Handlangerin von Bodenspekulanten und Bauunternehmen macht. Die Hofkoppel des Bauern ist ein neues Opfer kapitalistische Profitgier, nachdem zuvor schon zahllose Kleingärtner ihre Parzellen verloren haben, der Volkspark verkleinert wurde, die „Luftschloßfabrik“ (ein autonomes Kulturzentrum in besetzten, bis dahin leerstehenden Lagerschuppen am Ostufer der Flensburger Förde) mit einem brutalen Polizeieinsatz geräumt und danach abgerissen wurde,  die denkmalschutzwürdige Kailagerhalle ebenfalls abgerissen wurde, und das alles, damit die „üblichen verdächtigen“ Bodenspekulanten und Bauunternehmen diese Gelände mit Luxusobjekten zubauen durften, die nur sehr teuer oder gar nicht verkäuflich oder vermietbar sind. Das Gebäude „Flensburger Schiff“, das an Stelle der Kailagerhalle gebaut wurde, die Sicht auf die Förde verschandelt und zu einem Quadratmeterpreis von 19 Euro pro Monat vermietet werden sollte, steht auch Jahre nach Fertigstellung noch zu einem großen Teil leer. Das stört die Spekulanten und Bauunternehmen nicht, denn es wurden ja zuvor viele naive Kleinsparer als Investoren geworben, die in der Hoffnung, im Alter eine Zusatzrente über Mieteinnahmen zu bekommen, in Immobilienfonds einzahlten, die jetzt nichts abwerfen. Denn die Betreiber haben ihren Profit schon durch den Bau realisiert.

Hier reiht sich der Enteignungsversuch gegen Bauer Knop ein. Angeblich ist der Neubau einer Kreisstraße 8 nötig wegen des erhöhten Verkehrsaufkommens. Eine Strecke weiter südlich wäre unter Nutzung der vorhandenen Trassen sehr viel kürzer, da würde nicht so viel Nutzfläche zugepflastert. Wenn ein Neubau denn überhaupt nötig ist, denn die Verbindung über Tastruper Weg und Dorfstraße zur Taruper Hauptstraße gibt es doch schon. Also ist es das private Profitstreben einzelner Grundbesitzer, die ihren Acker gerne zum Bauland machen wollen und die im Verbund mit Stadtplanern und Kommunalpolitikern eine Baulanderschließungsstraße zu Lasten des Steuerzahlers haben wollen. Wenn dann später um die neue K8 herum Häuser gebaut werden, hätten wir den Beweis für diese freche Unterstellung. Bauer Knop würde sicher nicht zu den Profiteuren gehören. Solange er sein Land nicht verkauft, wird es kein Bauland. Aber wenn seine Hofkoppel nach Enteignung von einer Kreisstraße mit beidseitigem Lärmschutzwall durchschnitten ist, dann kann er seine Koppel von seinem Hofgebäude aus nur noch mit Umwegen erreichen, vielleicht nicht mehr profitabel bewirtschaften, so daß er irgendwann gezwungen sein könnte zu verkaufen. Und sobald die Bodenspekulanten das Gelände haben, kann es die Ratsmehrheit zu Bauland machen.

Wir Kommunisten sind gegen diese Enteignung. Bauernland soll in Bauernhand bleiben und der Nahrungsmittelproduktion dienen, nicht dem Profit.

Bauer Knop ist sicher kein Einzelfall. Spannend wäre auch, wie viele der Bauern, die in der DDR noch Grundeigentümer waren, nach der sogenannten Wende von großen kapitalistischen Agrokonzernen, Bodenspekulanten, Kirchen und anderen Großgrundbesitzern inzwischen bereits enteignet wurden.

 

Wehret den Anfängen:

Als sie Kleingärten zugunsten der Bodenspekulanten platt machten, habe ich geschwiegen, ich bin ja kein Kleingärtner.

Als sie den Volkspark zugunsten der Bodenspekulanten kleiner machten, habe ich geschwiegen, ich habe ihn kaum genutzt.

Als sie das  autonome Kulturzentrum „Luftschloßfabrik“ zugunsten der Bodenspekulanten räumten, habe ich geschwiegen, ich bin ja kein Autonomer

Als sie die Hofkoppel von Bauer Knop zugunsten der Bodenspekulanten enteignen wollten, habe ich geschwiegen, ich bin ja kein Bauer

Wenn sie dann mir zugunsten der Bodenspekulanten das Dach über den Kopf abreißen, gibt es niemanden mehr, der noch was sagen könnte.