Diakonissenanstalt ist insolvent – jetzt den kirchlichen Krankenhausträger enteignen

Würdest Du jemandem, der von seiner Bank keinen Kredit mehr bekommt, Dein Privatgeld überlassen? Die Antwort auf diese – rhetorische – Frage ist natürlich: Nein.

Das Flensburger Krankenhaus braucht nicht mehr Geld und kein neues Gebäude, es braucht zunächst einen neuen Träger! Durch die Insolvenz hat der Träger bewiesen, daß er nicht mit dem anvertrauten Geld umgehen kann. Vielleicht hat er auch so viel Geld aus den Beiträgen der Steuer- und Sozialversicherungsbeitragszahler in kirchliche oder private Taschen umgeschichtet, damit er erpresserisch behaupten kann, er brauche noch mehr Geld.

Kundgebung des Reinigungspersonals vor der Landesregierung Schleswig-Holstein in Kiel mit der Forderung nach besserer Bezahlung.

„Das Sanierungsverfahren darf nicht zu Ausgründungen oder Tarifflucht führen,“ erklärt der gesundheits- und sozialpolitische Sprecher der SSW-Landtagsfraktion, Christian Dirschauer. Hat er da etwas verschlafen? Der Putzdienst ist schon längst ausgegründet an eine Gesellschaft, die schlechter bezahlt als der ver.di-Tarif vorsähe. Die Billiglöhner putzen „runde Ecken“ und nicht über 1,50 m Höhe, weil sie unter Arbeitshetze leiden und nicht die Zeit, dafür haben, ordentlich zu putzen, davon erzählen sie selbst. Die Verpflegung ist schon abgegeben an eine Firma, die 1-Euro-Jobber ausbeutet und deren Produkte oft nicht einmal dem DGE-Minimalstandard entsprechen. Ernährung der Patienten so zu gestalten, daß damit Heilungsprozesse gefördert werden, liegt dem kirchlichen Krankenhausträger fern. Er sorgt auch nicht für sein Personal, Die Arbeitsbedingungen sind so mies, daß es viele Kolleginnen in die Langzeitarbeitsunfähigkeit treibt.

Dieses Krankenhaus ist nicht unterfinanziert. Solange es möglich ist, als privater Krankenhausträger satte Gewinne einzufahren und diese als Dividenden an ihre Kapitaleigner umzuschichten, kann niemand behaupten, Sozialversicherungsträger und Staat pumpen zu wenig Geld in die stationäre Krankenversorgung.

Bei aller Liebe zur Religionsfreiheit: Ihr dürft beten, soviel ihr wollt. Aber nicht verletzbaren Menschen Euren Glauben aufzwingen. Wenn Frauen im gebärfähigen Alter eine Sterilisation wünschen oder eine Schwangerschaft abbrechen wollen, dann muß das Krankenhaus diese Eingriffe durchführen! Kein Arzt soll gezwungen werden, einen Eingriff vornehmen zu müssen, wenn es seinem Glauben widerspricht. Aber dann muß der Träger gewährleisten, daß es genügend konfessionslose Ärzte gibt, für die das Selbstbestimmungsrecht der Frau den höheren Stellenwert hat. Aber als kirchliche Träger erteilt ihr „nichtchristlichen“ Kollegen ein Berufsverbot in Euren Kliniken.

Kirchliche Krankenhausträger, gebt doch endlich zu, ihr habt versagt!

Ihr habt moralisch schon lange versagt, denn ihr seid taub gegen den jahrelang vorgetragenen Wunsch der Frauen.

Jetzt habt ihr auch noch finanziell versagt!

Und als Versager seid Ihr untragbar.

Gebt die Krankenhausträgerschaft ab!

Kirchen raus aus dem Krankenhaus!

Krankenhäuser gehören in öffentliche Hand unter öffentliche Kontrolle.

Beten hilft da kaum: „Herr, gib dieser Krankenhausleitung den Verstand, einzusehen, daß es Zeit ist, zu gehen.“

Wie es bei den insolventen Energieversorgern vorgemacht wurde, muss die öffentliche Hand jetzt den kirchlichen Krankenhausträger enteignen und selbst die Kontrolle und die Verantwortung für die stationäre Patientenversorgung in Flensburg übernehmen.

Mit dem Krankenhausneubau, der ohnehin weitgehend aus Steuermittel bezahlt wird kann es in öffentlicher Trägerschaft einen qualitativ guten Neuanfang geben.

Weg mit § 218 und § 219

Feministische Seglerinnen an der Hafenspitze Flensburg

Demonstration und Kundgebung am Dienstag, 28.9.2012 von 16 bis 20 Uhr an der Hafenspitze

In Deutschland ist der Schwangerschaftsabbruch immer noch grundsätzlich verboten. Nur unter bestimmten Bedingungen, wenn die Frau sich einer Beratung unterzogen hat und der Abbruch innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate stattfindet und bei bestimmten Indikationen ist dar Abbruch straffrei. Der Skandal, das Frauen, die ohnehin schon in einer schwierigen Situation der ungewollten Schwangerschaft sind, darüber hinaus noch mit Strafandrohung belastet werden, dauert schon über 100 Jahre an.

Es war der Arzt und Kommunist Friedrich Wolf, der schon vor 100 Jahren gegen das Verbot des Schwangerschaftsabbruches öffentlich auftrat und dessen Theaterstück „Cyankali“ zu diesem Thema immer noch aktuell ist. In der Deutschen Demokratischen Republik war der Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten grundsätzlich straffrei. Mit der Wiedervereinigung ist der menschenrechtswidrige § 218 StGB auf die „neuen Bundesländer“ ausgeweitet worden, für die Frauen ein schlimmer Rückschritt. Über die Beratungspflicht wird eine Bevormundung der Frauen institutionalisiert.

Ein weiterer Skandal ist das sogenannte Werbeverbot nach § 219 StGB. Es gibt doch keine Werbung für den Schwangerschaftsabbruch etwa wie Werbung für eine Urlaubsreise gemacht wird. Eine Frau, die ihre Schwangerschaft abbrechen will, macht es doch nicht aus Spaß. Es geht darum, den Frauen die Informationen vorzuenthalten, wer solche Eingriffe wie und wo vornimmt.

In Flensburg sollen nun keine Schwangerschaftsabbrüche im Krankenhaus mehr durchgeführt werden, weil das Krankenhaus in den Händen der Kirchen ist. Die Kleriker der patriarchalen christliche Religion maßen sich an, über Schwangerschaften zu entscheiden. Damit sind die Kirchen und auch die Stadt Flensburg wortbrüchig. Denn bei der Übernahme der ehemals städtischen Frauen- und Kinderklinik durch die Kirche hatte diese zugesagt, dass sie die Versorgung der Frauen, die ihre Schwangerschaft abbrechen wollen, sicherstellt. Das haben die Kleriker nun „vergessen“, sie fühlen sich daran nicht gebunden. Damit ist klar, sie haben medizinisch und menschlich versagt.

Die stationäre Krankenversorgung und Flensburg muss diesen Versagern aus den Händen genommen werden. Das Flensburger Krankenhaus gehört wieder in öffentliche Hand.

Wir sind solidarisch mit den Flensburger Feministinnen, die am Dienstag, 28.9.2021 in der Zeit von 16 bis 20.00 Uhr gegen die § 218/219 an der Hafenspitze demonstrieren werden.

Schluss mit der kirchlichen Trägerschaft der Flensburger Krankenhäuser! Stationäre medizinische Versorgung unabhängig von Glaubensgrundsätzen

Ein neues Krankenhaus darf nicht in den Händen kirchlicher Träger sein, sondern gehört in die Öffentliche Trägerschaft.

Nur als kommunales Krankenhaus ist ein zentrales Krankenhaus in Flensburg demokratisch kontrollierbar, die Bürger*innnen und Wähler*innen müssten sich nicht entwürdigen, den heiligen Herren mit einer Petition entgegenzutreten, sondern könnten wenigstens über ihre Wahl zur Ratsversammlung ihren bescheidenen Einfluss geltend machen.

Kirchen müssen nun einmal ihren Glauben über die Menschlichkeit stellen, sonst wären sie keine dem Monotheismus verpflichtete Institution.

Demonstrantinnen vor dem Flensburger Rathaus

Zum Beispiel: Schwangerschaftsbrüche

In den achtziger Jahren, wurde gegen massiven Widerstand in der Bevölkerung die damals Städtische Frauen- und Kinderklinik im Gebäude der Klinik Ost, Kelmstraße, geschlossen und die Gynäkologie der Diakonissenanstalt zugeschlagen. Es gab damals schon die Befürchtung, wenn es keine weltanschaulich neutrale, kommunale gynäkologische Krankenhausversorgung  mehr gebe, es Schwierigkeiten geben wird, in Flensburg gesetzeskonforme Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Flensburgerinnen müssten dann ins nächstgelegene säkulare Krankenhaus, mindestens nach Nordfriesland reisen oder nach Kiel oder „wie in alten Zeiten“ wieder nach Holland. Immerhin hatte die Diskussion, zu einem „Kompromiss“ geführt, dass sich die Diakonissenanstalt öffentlich bereit erklärte, sich zu verpflichten, für Flensburgerinnen Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, wenn sie denn nun das Monopol auf stationäre Gynäkologie bekommt. Die Ratsversammlung stimmte dem zu und die Klinik Ost wurde 1988 geschlossen. Aufgrund der Monopolstellung fiel es der Diakonissenanstalt leicht, wortbrüchig zu werden.

Die Diakonissenanstalt unterhält eine sogenannte „Ethikkommission“, die im Einzelfall darüber entscheidet, ob Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden oder nicht. Die geltende Gesetzeslage sieht jedoch nur eine Beratungspflicht, keine Genehmigungspflicht für straffreie Schwangerschaftsabbrüche vor. Selbstverständlich sollte kein Arzt gegen sein (christliches?) Gewissen gezwungen werden, Abbrüche vorzunehmen. Es müssten dann aber von der Diakonissenanstalt konfessionslose Gynäkologen in ausreichender Zahl eingestellt werden, um die Versorgung der Flensburgerinnen mit Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen. Auf keinen Fall darf es sein, dass eine „Ethikkommission“, womöglich nur mit Männern besetzt, sich eine Entscheidung darüber anmaßt, welche Frau in Flensburg ihre Schwangerschaft abbrechen darf und welche nicht. Wie lange schon diese „Ethikkommission“ ihr Unwesen treibt, ist unklar. Unklar ist auch, ob die Ratsversammlung über die Einführung dieser „Ethikkommission informiert worden ist und damit einverstanden gewesen ist, dass damit gesetzeskonforme Schwangerschaftsabbrüche in Flensburg verhindert worden sind. Jetzt versteckt sich die Diakonissenanstalt hinter den katholischen Maltesern und behauptet, es liege ja nur an der fehlenden Verhandlungsbereitschaft der katholischen Malteser, dass es jetzt überhaupt gar keine klinischen Schwangerschaftsabbrüche mehr geben soll. Nachdem gesetzeskonforme Schwangerschaftsabbrüche systematisch durch die „Ethikkommission“ verhindert worden sind, wird jetzt behauptet, die Nachfrage sei ja sehr zurückgegangen, so dass die geringe Zahl abbruchwilliger Frauen kaum ins Gewicht falle und die Schwangerschaftsabbrüche ambulant durchgeführt werden können. Es gibt aber auch Indikationen, die dafür sprechen, dass ein Schwangerschaftsabbruch stationär durchgeführt wird. Wenn dies nicht möglich ist, wird die Gesundheit von Frauen gefährdet.

Ein Drahtkleiderbügel ist sicher nicht das geeeignete Instrument, Schwangerschaftsabbrüche in Flensburg vornehmen zu müssen

Das Thema Schwangerschaftsabbrüche ist nur ein Beispiel für die Monopolisierung des Gesundheitswesens, in dem besondere Wertvorstellungen oder der Profit im Vordergrund stehen.

Ein weiteres Problemfeld ist das Thema des selbstbestimmten würdigen Sterbens und der Umgang mit Patientenverfügungen, wenn aufgrund der Monopolstellung christliche Werte zugrunde gelegt werden. Wenn der erklärte Wille des Betroffenen und seiner Angehörigen im Gegensatz und Widerspruch zur christlichen Weltanschauung stehen, müssen die Betroffenen und Angehörigen befürchten, dass ihr Wille nicht entscheidend ist, sondern die christliche Grundüberzeugung, auch dann wenn sie selber keine Christen sind.

Deshalb müssen Krankenhäuser öffentliche Einrichtungen sein, die ohne Profitstreben mit öffentlichen Mitteln ausreichend ausgestattet werden und mit weltanschaulicher Neutralität Menschen versorgen.Geld dafür ist genug da!

Aktuelle Ergänzung zu dem Beitrag über die kirchlichen Flensburger Krankenhäuser:
Wie Werner Hajek mir mitteilt, hat ihm der Pressesprecher der Flensburger Diako ausdrücklich versichert, dass ein Beratungsschein reicht, um in der Diakonissenanstalt eine Schwangerschaftsunterbrechung durchführen zu lassen. Das seit zwanzig Jahren bestehende Ethikreferat der Diako werde damit nicht befasst.
Über diese Klarstellung seitens des Pressesprechers können wir nur froh sein, weil sich künftiges Handeln der Diako daran messen lassen muss.

Ralf Cüppers